Oct
14
Gott war / ist gewissermaßen das erste Opfer von „Ockhams Rasiermesser".
In der Alltagssprache gibt es die Redensart: „Von nichts kommt nichts". Ein nachdenklicher Mensch könnte sich natürlich fragen, ob dieser Satz tatsächlich stimmt ? Wenn er stimmen würde, dann wäre seine Formulierung nicht möglich gewesen, weil es uns Menschen, die den Satz formuliert haben, nicht hätte geben können. Zumindest wir Menschen sind also der Beweis dafür, dass der Satz nicht stimmen kann, weil wir doch letztlich alle „Produkte" sein sollen, die einem Zustand entstammen, in welchem (fast) „nichts" existierte.
Im „kosmologischen Modell" der Entstehung des Universums gehen die Wissenschaftler beim „Nichts" von einem Quantenvakuum aus, während im „theologischen Modell" ein „supranaturales Wesen" für die „Erschaffung" des Universums aus dem „Nichts" die tragende Rolle spielt.
Im Kontext der Diskussion über die Entstehung des Universums geht es, soweit ersichtlich, nur um diese beiden Modelle. Über ein drittes Modell, in dem ein wirklich „absolutes, idealisiertes Nichts" eine Rolle spielt, wird offensichtlich nirgends diskutiert. Vonseiten der Theologie und der Theisten sehr wahrscheinlich schon deswegen nicht, weil dann ja auch „der Gegenstand der Verehrung und des Glaubens" aus dem Spiel wäre. Denn ein „absolutes, idealisiertes Nichts" kann auch ihren „Held" nicht enthalten, es sei denn, man würde es in religiöser Blödheit auf die Spitze treiben, und ihn als ein solches interpretieren.
Insbesondere Theisten stellen manchmal staunend die Frage, warum eigentlich „etwas" existiert und warum eigentlich nicht „nichts" existiert ? Hier könnte staunend zurückgefragt werden, wodurch es gerechtfertigt sein sollte, das nichts Existierendem gegenüber etwas Existierendem evtl. ein Vorrang eingeräumt werden müsste ?
Hier sei noch erwähnt, dass Franz Grillparzer (
http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Grillparzer) irgendwo gesagt haben soll: „Das NICHTS kann man schon darum nicht denken, weil dabei immer das Denken übrigbleibt und man somit keineswegs das NICHTS gedacht, sondern nur vom Objekt abstrahiert hat“.
Bezüglich des „theologischen Modells" der Universumsentstehung wird von den Theisten behauptet, dass das supranaturale Wesen, was man dort die Hauptolle spielen lässt, das Universum aus „dem Nichts erschaffen" hat. Diese Behauptung lässt den Schluss zu, dass man es sich vorzustellen hat, dass neben dem supranaturalen Wesen entweder das Nichts existierte, was im „kosmologischen Modell" die entscheidende Rolle spielt (Quantenvakuum), oder es existierte neben diesem Wesen das oben beschriebene „absolute, idealisierte Nichts". In beiden Fällen taucht aber die Frage auf, wie das eine oder andere Nichts vom supranaturalen Wesen oder umgekehrt abzugrenzen ist ? Wie soll man sich irgendeinen Grenzverlauf zwischen Nichts und Wesen vorstellen, wenn das Wesen doch angeblich grenzenlos und - wie auch immer - überall und schon immer existent gewesen sein soll ? Neben diesem Wesen dürfte es eigentlich vor der Existenz des Universums keine „Bezirke des Nichts" gegeben haben, aus denen es angeblich das Universum „geschaffen" haben soll. Sie könnten sich, wenn sie überhaupt existent gewesen sein sollten, nur innerhalb des Wesen befunden haben. Einen solchen Gedankengang ernst nehmen zu wollen, hieße, den Blödsinn auf die äußerste Spitze zu treiben.
Wenn die Theisten unbedingt glauben möchten, dass ihr „Held" das Universum aus dem „Nichts geschaffen" hat, dann müsste er zunächst das betreffende „Nichts geschaffen" haben, damit er dann aus ihm das Universum hätte „produzieren" können.
Für die Theisten bliebe schließlich noch die „Glaubensmöglichkeit", dass ihr „Held" das Universum nicht über den Umweg aus dem „Nichts", sondern direkt aus sich heraus (aus einem Teil von sich ?) „erzeugt" hat. In dem Falle bestünde also für die Theisten die weitere „Glaubensmöglichkeit", dass das gesamte, große und kalte Universum gewissermaßen als Teil ihres „Helden" betrachtet werden könnte. Halleluja, noch mehr „Glaubenssubstanz"!
Erstaunlich ist, dass die Theisten es offensichtlich akzeptieren, dass das Universum, was ihr „Held" angeblich „erschaffen" haben soll, sich in seiner für uns derzeit erkennbaren Beschaffenheit in keiner Art und Weise von dem Universum unterscheidet, dessen Existenz die Kosmologen auf ein denk- und planungsunfähiges Quantenvakuum zurückführen. Die Theisten akzeptieren diese Tatsache, obwohl das Universum nicht einmal die Vollkommenheit aufweist, wie es nach menschlichen Maßstäben der Fall sein müsste, um von Vollkommenheit sprechen zu können.
Ein supranaturales Wesen, das - wie auch immer - immer und überall existent, zudem mit grenzenlosen Fähigkeiten und Eigenschaften ausgestattet war / ist, kann als Prämisse für die Existenz des Universums vernünftigerweise nicht von der Wissenschaft akzeptiert werden, so dass eine solche Annahme solange mit „Ockhams Rasiermesser" zu bearbeiten ist, bis nur noch die wissenschaftliche Theorie übrig bleibt, nach welcher das Universum aus einem Quantenvakuum entstanden ist.
Es ist allemal plausibler, davon auszugehen, dass ein Quantenvakuum aus sich heraus das Universum entstehen ließ, als dass einem religiösen Wunsch nachgegeben wird zu glauben, ein wie auch immer geartetes „Superwesen" habe auf dem Umweg über ein zunächst „erschaffenes Nichts" und dann hieraus oder es habe direkt „aus Teilen von sich" die Universumsherstellung vorgenommen.
Ist man irrational genug und akzeptiert die Möglichkeit einer Universumsherstellung durch ein „Superwesen", dann stellt sich zu allen übrigen Fragen auch die Frage, wo sich das Universum im Verhältnis zum „Superwesen" befindet und umgekehrt ? Existiert das Universum separat neben dem „Superwesen", existiert es in ihm oder existiert das „Superwesen" im Universum oder treffen gar alle drei „Varianten" gleichzeitig zu ? Für Gläubige ist ja alles „glaubbar", wenn es nur einen religiösen Kontext hat, was eine sehr, sehr bedauerliche Tatsache ist und was eine Beleidigung für den Intellekt Ungläubiger darstellen kann.
Alle wissenschaftlichen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass wir es zu tun haben mit: „einem Universum mit blinden physikalischen Kräften und genetischer Verdoppelung", in dem „werden manche Menschen verletzt, andere haben Glück, und man wird darin weder Sinn und Verstand noch irgendeine Gerechtigkeit finden. Das Universum, das wir beobachten, hat genau die Eigenschaften, mit denen man rechnet, wenn dahinter kein Plan, keine Absicht, kein Gut oder Böse steht, nichts außer blinder, erbarmungsloser Gleichgültigkeit" („Manifest des evolutionären Humanismus, Plädoyer für eine zeitgemäße Leitkultur", S. 25 u. 26, von Dr. Michael Schmidt Salomon).