Böhmermann + Politiker: die Kunstfreiheit und der Beleidigungstatbestand

Wenn ihr nur über das Gedicht diskutiert, geht ihr am Thema vorbei. es ist Teil eines Gesamtwerkes:

https://justpaste.it/svdv
Ihm wird gar nicht viel passieren. Dafür ist seine Einleitung zu geschickt gemacht. Er weißt ja selber darauf hin, dass man es so nicht machen darf. Es ist eine geschickte Gegenüberstellung. Das ist kein Zufall, das dürfte vorher mit den hauseigenen Juristen abgeklärt worden sein.

Was ist denn Satire? Eine Überzeichnung, um etwas aufzuzeigen und das hat er erreicht, also ist es Satire. "Majestätsbeleidigung", Paragraph 103 ist es nicht. Kann sein, dass Erdogan den Beleidigungsprozess gewinnt, aber mit "Majestätsbeleidigung" kommt er nicht durch.

Zudem war das Gedicht, nicht gerade ein künstlerisches Meisterwerk, doch sehr erfolgreich, die Satire hat ihr Ziel erreicht.
Wir diskutieren:
1. Was darf Satire?
2. Ist Deutschland erpressbar geworden?
3. Ist dieser Paragraph überhaupt noch zeitgemäß?
.....

Der beste Kommentar zu der "Staatsaffäre": Es ist ein Wort!
http://www.stern.de/politik/deutschland/boehmermann-streit---mimimi-plakat-vor-tuerkischer-botschaft-angebracht-6792724.html
 
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Lieber Gaius ich gehe mal stark davon aus du studierst Jura oder aehnliches :)
 

DeletedUser28663

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Die interessante Frage ist schon, was Erdogan nun damit bezwecken will. Die deutsche öffentliche Meinung wird er sich mit diesem Vorgehen wohl nicht lieb gemacht haben, also gehts ihm entweder wirklich nur um sich selbst und er fühlt sich beleidigt oder er will irgendein Signal nach Innen (in die Türkei) oder in Richtung der türkischstämmigen Bevölkerung hierzulande senden.
 

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1. Das Grundgesetz bindet weit mehr als "nur" die öffentliche Gewalt. Sei es über mittelbare Drittwirkung, oder in Ausnahmefällen auch in unmittelbarer Drittwirkung.

2. Das Bundesverfassungsgericht ist NICHT das höchste Gericht Deutschlands. Es ist das Verfassungsgericht und auch Verfassungsorgan, es steht aber NICHT über den anderen Gerichten, sondern als Hüter der Verfassung neben den anderen Gerichten.

Ein oberstes Gericht Deutschlands existiert nicht, es existieren fünf Oberste Gerichtshöfe des Bundes (Bundesgerichtshof [Ordentliche Gerichtsbarkeit], Bundesarbeitsgericht [Arbeitsgerichtsbarkeit], Bundessozialgericht [Sozialgerichtsbarkeit], Bundesfinanzhof [Steuer- und Zollrecht] und Bundesverwaltungsgericht [Öffentlich Rechtliche Streitigkeiten nicht-verfassungsrechtlicher Art]). Ein Oberstes Bundesgericht zur Wahrung der Einheit des Rechts war ursprgl. mal vorgesehen, wurde aber nie geschaffen. Stattdessen gibt es für diesen Fall den "Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes", der für diesen Fall nun einberufen wird.

3. Alles was die Europäische Union in unsere Gesetzgebung und Rechtssprechung einbringt fußt auf Art. 23 GG. Ansonsten sei noch das Stichwort "Begrenzte Einzelermächtigung" genannt.

Ein politisches Statement oder ein grundsätzliches Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das sich allgemein mit dem Thema und nicht ausschließlich mit Böhmermann befasst, wäre zu wünschen.
Das sowohl Böhmermann und ZDF als auch Erdogan die Sache durch alle Instanzen fechten wollen könnte es dazu kommen. Wäre m.E. wünschenswert, dann hatte diese völlig überzogene "Staatsaffäre" wenigsten noch einem sinnvollen Zweck gedient.

Die interessante Frage ist schon, was Erdogan nun damit bezwecken will. Die deutsche öffentliche Meinung wird er sich mit diesem Vorgehen wohl nicht lieb gemacht haben, also gehts ihm entweder wirklich nur um sich selbst und er fühlt sich beleidigt oder er will irgendein Signal nach Innen (in die Türkei) oder in Richtung der türkischstämmigen Bevölkerung hierzulande senden.
Nunja. Erdogan geht in der Türkei hart gegen Beleidigungen gegen seine Person vor und erhält dafür aus dem Ausland wie dem Inland immer und immer wieder Kritik. Eine Verurteilung Böhmermanns würde ihm also insoweit in die Hände spielen, als er sich dann hinstellen könnte und darauf verweisen, dass Beleidigungen gegen ihn nicht nur in der Türkei verfolgt werden, sondern dass "die Deutschen" das ja ebenso machen.

Interessant in der Diskussion finde ich übrigens auch, dass nun diverse Politiker den Paragrafen 103 StGB früher als die Bundesregierung abschaffen will, was in Anbetracht des §2 Abs. 3 StGB durchaus nicht ohne Folgen wäre.

Auch bin ich gespannt, wie es mit der "Gegenseitigkeit" aussieht, die ja auch noch neben der Ermächtigung durch dei Bundesregierung eine Voraussetzung für eine Anklage nach §103 StGB ist...
 
Zu 1.: Eine Bindung der Bürger an das Grundgesetz zu bejahen ist aus mehreren Gründen problematisch: Wir kennen beispielsweise das StGB, welches für den Laien relativ einfach zu verstehende Verhaltensge- und -verbote beinhaltet ("Töte nicht!", "Misshandle nicht!", "Betrüge nicht!", "Beleidige nicht!", etc.), wohingegen das Grundgesetz das genaue Gegenteil darstellt (Ausnahme: Art. 9 II GG): Es ist auslegungsbedürftig und ein Laie müsste Prinzipien wie das der praktischen Konkordanz (Beispiel: Die Kunstfreiheit - Art. 5 III 1 GG - ist schrankenlos gewährleistet, wieso könnte Böhmermann nun also für Satire verurteilt werden? -> Erdogans Allgemeines Persönlichkeitsrecht steht der Kunstfreiheit entgegen und hat ebenfalls Verfassungsrang -> ein Gericht muss die beiden Grundrechte gegeneinander abwägen und damit die sog. "praktische Konkordanz" zwischen den Verfassungsgütern herstellen).

Selbstverständlich gibt es aber eine mittelbare Drittwirkung der Grundrechte, Gegenteiliges wollte ich mit dem Verneinen einer "Bindung" der Bürger ans Grundgesetz auch nicht zum Ausdruck bringen. Diese äußert sich bei unbestimmten, auslegungsbedürftigen Rechtsbegriffen, bei welchen das Grundgesetz Auslegungsmaßstab ist. Der Grund hierfür ist aber nicht, weil das GG beispielsweise im Privatrecht (also bei Bürger-Bürger-Beziehungen wie Verträgen, Stellvertretung, Erbfällen, etc.) gilt, sondern weil die unbestimmten Rechtsbegriffe von den Gerichten ausgelegt werden müssen, deren Richter gemäß Art. 1 III GG direkt ans Grundgesetz gebunden sind. Wenn diesen demnach ein unbestimmter Rechtsbegriff begegnet, dann müssen sie das Grundgesetz bemühen, um den Begriff auszulegen. Aber um das mal für alle zu veranschaulichen (sonst könnten wir das bei der Abstraktheit auch per PN machen), hier ein Beispiel:

Es ist möglich, eine Einwilligung in Körperverletzungen zu erteilen (§ 228 StGB), sofern diese nicht gegen die guten Sitten verstoßen. Nun: Was heißt "gute Sitten"? Bemüht man das Grundgesetz, dann ist da von der Würde des Menschen (Art. 1 I GG) und dem Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 II 1 GG) die Rede. Das allein zu wissen, reicht jedoch für die Bestimmung des Begriffes "gute Sitten" nicht aus, denn zum einen ist der Begriff "Würde" selbst sehr unbestimmt und das Wissen um das Recht auf körperliche Unversehrtheit hilft auch nicht wirklich weiter, denn es ist schon aufgrund des Verhaltensverbots "Verletze nicht!" aus dem Körperverletzungstatbestand ersichtlich, dass dieses geschützt wird, wir aber bei der Einwilligung in die Körperverletzung gerade wissen wollen, wo (!) die Grenzen liegen. Wenn beides nicht wirklich weiterhilft, wie soll dann das Grundgesetz "gute Sitten" näher bestimmen? Durch Auslegung des Wortes "Würde"? Womöglich. Worauf ich hinaus will: Klar, es ist eine wunderschöne Vorstellung, dass unsere Gesetze alle eindeutig sind und wo sie unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten entsprechend der Verfassung ausgelegt werden. Praktisch wird aber immer ein großer Teil der Entscheidungen der Gerichte über diese Rechtsbegriffe politisch und von subjektiven Vorstellungen geprägt sein. Das muss jedoch nicht unbedingt schlecht sein, es sprechen auch Argumente dafür, es ganz bewusst so zu machen. So gibt es in den USA eine nicht unbedeutende Anzahl von Rechtswissenschaftlern, die die Verfassungsauslegung "value/morals based" betreiben, also auf Wertvorstellungen der Gesellschaft Rücksicht nehmen. Sie bedienen sich also ganz gezielt außerverfassungsrechtlicher Wertungen.

Und genau das zuletzt Geschilderte ist mein zweites Argument, um von einer Bindung der Bürger ans GG nicht sprechen zu können, auch wenn ein Einfluss des Grundgesetzes notwendigerweise besteht, mag er praktisch jedoch nicht ganz so bedeutend sein, wie Rechtspositivisten, die sich nur auf den Wortlaut des positivierten (vom Normgeber gesetzten) Rechts bei der Auslegung beziehen wollen, das gerne hätten.

Zu 2.: Sicherlich war meine Aussage des "höchsten Gerichts" genau genommen nicht korrekt, jedoch habe ich das der Vereinfachung halber mal so hingestellt. Meine Begründung, warum diese Vereinfachung in gewisser Weise gerechtfertigt ist:
- Das BVerfG ist nur für Verfassungsangelegenheiten zuständig. Es überprüft also beispielsweise nicht, ob die anderen Gerichte richtig unter das Merkmal "Sache" subsumiert haben (geguckt haben, ob zum Beispiel ein Auto eine Sache im Sinne des Gesetzes ist). Was sie prüfen, sind aber auslegungsbedürftige Rechtsbegriffe. Und darunter fallen nicht nur Begriffe wie "gute Sitten", sondern auch "beleidigen", da eine Verurteilung aufgrund der Beleidigung jedenfalls in die Meinungsfreiheit eingreift und hier auch eine verfassungsmäßige Wertung mit hineinspielt. So ist es beispielsweise eben auch im Fall Böhmermann. Sollte dessen Fall zum BVerfG kommen, werden die Richter "beleidigen" verfassungskonform auszulegen versuchen und dabei Wertungen der Kunstfreiheit und des Allgemeinen Persönlichkeitsrecht berücksichtige (und dann am Ende die oben erwähnte praktische Konkordanz herstellen). So ist es aber in vielen Fällen. Eine Urteilsverfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht ist somit in vielen Fällen möglich. Und wenn das BVerfG bei so vielen Fällen entscheiden muss, dann hat es zwar nur mittelbaren Einfluss aufs Nicht-Verfassungsrecht, aber ein Einfluss besteht zumindest.
- Darüber hinaus kommt eben nach dem Bundesverfassungsgericht kein Gericht mehr, welches in Deutschland unmittelbar rechtskräftige Urteile fällen könnte. Und wie eben gesagt: Wenn am BGH etwas entschieden wird, dann können die Parteien, sofern für die Entscheidung auslegungsbedürftige Rechtsbegriffe erheblich waren, mit einer Urteilsverfassungsbeschwerde das BVerfG auf den Plan rufen, welches die Verfassungsmäßigkeit der Entscheidung überprüft. Und hat das BVerfG eine Entscheidung gefällt, kann es das Urteil aufheben und erneut an den BGH zurückverweisen. Man könnte somit vereinfacht sagen, in solchen Fällen stehe das BVerfG tatsächlich über den anderen Gerichten.

Meine Aussage war also faktisch falsch. Dies diente nur der Erklärung, warum ich es vereinfachen wollte.
 
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DeletedUser41351

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Zu 1.: Eine Bindung der Bürger an das Grundgesetz zu bejahen ist aus mehreren Gründen problematisch
Ob du darin ein Problem siehst oder nicht tut doch nichts zur Sache. Fakt ist, dass der Bürger an das Grundgesetz gebunden ist.
Sei es durch mittelbare Drittwirkung (siehe deine eigene Erklärung) oder unmittelbare Drittwirkung (Koalitionsfreiheit - Art.9 III S. 2 GG).

Man könnte somit vereinfacht sagen, in solchen Fällen stehe das BVerfG tatsächlich über den anderen Gerichten.
Nein. Das BVerfG steht neben den anderen Gerichten und zwar in allen Fällen! Gerade in dem von dir geschilderten Fall sieht man dies auch überdeutlich. Das BVerfG trifft eben gerade keine Gesamtentscheidung und "überstimmt" das andere Gericht, sondern entscheidet eben nur über explizit ihm zugewiesene Fragen und auf Basis dieser Entscheidung fällt dann das Ausgangsgericht wieder frei seine Entscheidung.

Ein oberstes Gericht (wie z.B. der amerikanische Supreme Court) trifft einfach selbst eine Entscheidung und "overruled" damit das untere Gericht.

Und die Vereinfachung und Darstellung des BVerfG als oberstes Gerichts ist eben schon allein deshalb zu unterlassen, weil es ein höchstes Gericht hätte geben sollen und wir nun einen "Ersatz" dafür haben, der eben gerade nicht das Bundesverfassungsgericht ist.
 
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Meine Aussage war also faktisch falsch. Dies diente nur der Erklärung, warum ich es vereinfachen wollte.

Mir ist nicht ganz klar, für wen Du hier vereinfachend erklärend unterwegs bist.
Die Menschen die ich hier kennengelernt habe, benötigen das nicht, und kennen sich häufig sogar in Internationalen Rechtsfragen aus. Also sei so gut und tätige in Zukunft verbindliche und korrekte Aussagen.
 
Fakt ist, dass der Bürger an das Grundgesetz gebunden ist.
Nicht nur mir würde das Wort "binden" wohl eher nicht gefallen:

"Die Grundrechte wirken im Privatrecht nicht unmittelbar, sie lösen die bürgerlich-rechtlichen Rechtsstreitigkeiten nicht direkt. [...] Hier [im Privatrecht] wirkt der Rechtsgehalt der Grundrechte über das Medium der das einzelne Rechtsgebiet unmittelbar beherrschenden Vorschriften, insbesondere der Generalklauseln und sonstigen auslegungsfähigen und auslegungsbedürftigen Begriffe, die im Sinne dieses Rechtsgehalts ausgelegt werden müssen." (Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, Grundrechte - Staatsrecht II, 31. Auflage Heidelberg 2015, Rn. 203)

Der 1. Satz ist soweit klar. Es wird im zweiten deutlich, dass die Grundrechte selbst nicht binden würden, da das Medium in jedem Fall die einfach-gesetzlichen Vorschriften seien. Lediglich bei der Auslegung der Begriffe der einfach-gesetzlichen Norm würden sie herangezogen, würden für private Rechtsverhältnisse aber keinesfalls "gelten". So jedenfalls verstehe ich die Autoren.

[Kritik zur BVerfG-Stellungs-Vereinfachung]
Ich sehe ein, weshalb die Aussage faktisch nicht korrekt war. Aus diesem Grund werde ich keine Vereinfachungen mehr benutzen (auch aufgrund von Mims berechtigtem Einwand). Tut mir leid.

Was ich jedoch sagen darf, das ist, dass mir bisher schon eine hohe Anzahl an Fällen untergekommen ist, die in etwa folgende Route durch die Gerichte genommen haben:
Knackpunkt der Entscheidungen war ein auslegungsbedürftiger Rechtsbegriff, der auch durch verfassungsrechtliche Grundsätze auszulegen war. Diese Fälle gingen bis zu den obersten Gerichten, d. h. nicht dem BVerfG, sondern den Bundesgerichten (BGH, BAG, usw.). Dann wurden Urteilsverfassungsbeschwerden eingereicht und das BVerfG hatte die unbestimmten Rechtsbegriffe anhand der Verfassung genauer zu bestimmen, revidierte im Ergebnis zum Teil die Auslegungen der Bundesgerichte, hob also die Urteile auf und verwies die Sachen erneut an die Bundesgerichte, welche dann ihre Auslegung des Rechtsbegriffes der des BVerfG anzupassen hatten. Im Ergebnis änderten sich also die Urteile grundlegend.
In diesen Fällen wirkt es so, als sei das BVerfG den Bundesgerichten übergeordnet. Ist es aber nicht. Zufällig ist es eben so, dass oft verfassungsrechtliche Wertungen für einfach-gesetzliche, unbestimmte Begriffe heranzuziehen sind. Die Stellung des BVerfG ist jedoch (wie du sagst, Klabauter) tatsächlich einzigartig und neben den anderen Gerichten, nicht über ihnen.

Tut mir leid, dass es so abstrakt geworden ist und nicht mehr nur direkt etwas mit Böhmermann zu tun hat. In meinen Augen lohnt es sich jedoch nicht, extra einen neuen Thread zu erstellen.
 

DeletedUser41351

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Nicht nur mir würde das Wort "binden" wohl eher nicht gefallen:
Wo siehst du in deinem Zitat irgendeine Kritik daran, dass das Grundgesetz den Bürger binden sollte. Wie gesagt, der Bürger ist nicht in allen Fällen unmittelbar daran gebunden, sondern meistens nur mittelbare. Eine mittelbare Bindung, ist aber anders als du das andauernd darzustellen versuchst keine Nicht-Bindung.
Und selbst für den Fall, dass du deine Aussage anpassen würdest und sie auf ein Nicht-Vorhandensein direkte/unmittelbare Bindung ändern würdest, wäre sie aufgrund des Existenz des Art. 9 III GG und des Art. 20 IV GG die eine direkte Bindung Privater an das Grundgesetz vorsehen falsch.

Oder kurz gesagt:
- Privater ist nicht direkt an das Grundgesetz gebunden: Ja (außer in den genannten Ausnahmen!).
- Privater ist nicht an das Grundgesetz gebunden: Nein.

Was ich jedoch sagen darf, das ist, dass mir bisher schon eine hohe Anzahl an Fällen untergekommen ist, die in etwa folgende Route durch die Gerichte genommen haben:
Darf man fragen, wo/wie dir diese Fälle untergekommen sind?
 
"Binden" bedeutet für mich, dass ich dem Grundgesetz Verhaltensge- und -verbote entnehmen können müsste. Bis auf die Fälle der unmittelbaren Drittwirkung, die wir bereits genannt haben, kann ich dem GG solche nicht entnehmen.

Das einfach-gesetzliche Recht enthält Ge- und Verbote, die ab und zu so unbestimmt sind, dass sie mithilfe des GG ausgelegt werden müssen. So verstehe ich die Autoren.

DerBlaueKlabauter schrieb:
Darf man fragen, wo/wie dir diese Fälle untergekommen sind?
In der Grundrechtsvorlesung/-AG und darüber hinaus bei Befriedigung meines privaten Interesses für BVerfG- und BGH-Entscheidungen. Bitte überlies auch das Wort "bisher" nicht. "Hohe Anzahl" ist dann ebenfalls entsprechend relativ zu verstehen. Du darfst mir gerne von eigenen, gegenteiligen oder aber ähnlichen Erfahrungen berichten.

Nachtrag: Ich bleibe bei meiner Ansicht, dass der Begriff "binden" nicht passt. Die Grundrechte wirken ins Privatrecht hinein, weil die Richter sie dort zur Auslegung des mich tatsächlich bindenden Rechts heranziehen müssen, gebunden bin ich aber nicht, es sei denn, es handelt sich um die bereits mehrfach angesprochenen Ausnahmen, in denen Verhaltensge- oder -verbote direkt kommuniziert werden. So langsam befürchte ich, dass die Diskussion über "binden", mag sie auch legitim sein, die anderen anödet. Deswegen weiter per PN.
 
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DeletedUser41351

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"Binden" bedeutet für mich, dass ich dem Grundgesetz Verhaltensge- und -verbote entnehmen können müsste. Bis auf die Fälle der unmittelbaren Drittwirkung, die wir bereits genannt haben, kann ich dem GG solche nicht entnehmen.
Bindung bedeutet schlicht, dass du direkt aus dem Grundgesetz gegenseitige Rechte und Pflichten ableiten kannst. Die h.M. sieht das diese unmittelbare Drittwirkung (wegen Art. 1 III GG) nur bei Art 9 III S.2 GG und Art 20 IV GG. Für alle weiteren Grundrechte wird eine mittelbare Drittwirkung, wie du sie oben dargestellt hast angenommen. Da jedenfalls aber bei Art 9 III S.2 GG und Art. 20 IV GG eine unmittelbare Drittwirkung vorliegt ist die Aussage deinerseits bereits falsch. Die mittelbare Drittwirkung, die auch eine Form der Bindung Privater ist kommt dann noch obendrauf.

In der Grundrechtsvorlesung/-AG und darüber hinaus bei Befriedigung meines privaten Interesses für BVerfG- und BGH-Entscheidungen. Bitte überlies auch das Wort "bisher" nicht. "Hohe Anzahl" ist dann ebenfalls entsprechend relativ zu verstehen. Du darfst mir gerne von eigenen, gegenteiligen oder aber ähnlichen Erfahrungen berichten.
Ahja. Sowas in die Richtung dachte ich mir bereits...
 
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