Einstein wird der Satz zugeschrieben: "Probleme kann man niemals auf derselben Ebene lösen, auf der sie entstanden sind.". Wenn man vor einem scheinbar unlösbaren Problem steht, ist es meist hilfreich, einen Schritt zurück zu machen und das Ganze aus einer größeren Perspektive zu betrachen.
bei akuten problemen hat man diesen luxus aber nicht. meine beispiele sind akute probleme.
In deinem Beispiel kann das die Frage sein: Was wird aus einer Gesellschaft, die menschlichem Leben unterschiedliche Werte zuweist oder zwei gegen drei Leben abwägt?
das ist eine gute frage und ich erkenne die gefahren darin.
doch geht es hier für mich ncht vorrangig um die gesellschaftlichen entscheidungen, sondern um die persönlichen eines jeden einzelnen. und dabei wird man, so glaube ich, feststellen, dass praktisch jeder unterschiedliche werte zuweist - mehr oder weniger drastisch.
ich denke, dass fast alle die das gegenteil behaupten heuchler sind und habe auch erklärt warum, wenn du willst kann ich das auch noch genauer ausführen. du kannst gerne versuchen mich vom gegenteil zu überzeugen.
"Gedankenexperimenten" und am Stammtisch werden solche Fragen oft sehr schnell und leichtfertig beantwortet. Darf der Polizist dem Tatverdächtigen Folter androhen, um ein Leben zu retten? Erschiesst du jemanden, der deine Familie angreift?
leichtfertig oder bestimmt? wenn jemand meine familie angreift und droht sie umzubringen ist derjenige für mich fällig, weil meine familie für mich mehr wert ist, als der angreifer.
Aber der Staat, die Gesellschaft insgesamt darf das niemals zur Handlungsmaxime machen. Aus diesem Grund werden z.B. in Europa Spenderorgane nicht nach dem Wert des zu rettenden Lebens vergeben, sondern nach Wartezeit und medizinischer Erfolgswahrscheinlichkeit.
ich teile grundsätzlich diese meinung, doch sollte es bestimmte situationen geben und gibt es auch situationen in denen der staat solche entscheidungen treffen sollte bzw trifft.
mMn im falle eines gekaperten flugzeuges. bei euch in deutschland wurde das ja sogar bereits heftig diskutiert.
http://www.123recht.net/article.asp?a=14908&ccheck=1
bei den regelungen der organspende bin ich wiederum völlig bei dir - ich finde man muss bei dieser fragestellung jede situation einzeln behandeln und kann sie kaum durch allgemein gültige regeln lösen.
beim einsatz von blutkonserven kommt letztlich wieder eine wertung ins spiel - wenn die konserven in der "hochsaison" wieder knapp sind und es bei einer op schon fast keine aussicht auf erfolg gibt, man aber weiterhin konserven verwenden KÖNNTE, so wird dies nicht getan, da man damit POTENZIELL andere mehrere retten könnte die ansonsten sterben würden. findest du das nun auch falsch?
In der Spieltheorie kennen wir das Phänomen, dass die beste Lösung bei einer Einzelhandlung oft ist, gegen die anderen Mitspieler zu agieren, aber wenn das Spiel unendlich iteriert wird, wird Kooperation für alle Beteiligten zur besten Option. Und das schon vom ersten Spiel an. s.
http://de.wikipedia.org/wiki/Chainstore-Paradoxon
spieltheorie kenn ich und find ich auch interessant. doch ich finde man kann hier nicht von "gegen die anderen mitspieler agieren" reden, unser bsp ist wesentlich komplexer, sodass man das in allen fällen behaupten könnte.
Soll heissen: Aus einem noch so raffiniert konstruierten Einzelfall kann man nie schliessen, wie das gesamtgesellschaftlich richtige Verhalten aussieht.
das problem ist herauszufinden was das "richtige" verhalten ist. dann könnten wir sehr wohl schlüsse ziehen.
Primitive vorwissenschaftliche Gesellschaften hatten für solche Fragen Religion und Moral und die kamen verblüffenderweise zu ähnlichen Ergebnissen: "Wer einen Menschen rettet, rettet die ganze Welt."
ich weiß wo dieser satz vorkommt... ab in den religionsthread mit dir, könnte sein, dass wir dort noch ein hühnchen zu rupfen haben ^^
wenn ein argument durch religion bestätigt wird neige ich dazu dieses noch genauer zu prüfen und in frage zu stellen.
"Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes als Äquivalent gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent verstattet, das hat eine Würde." schreibt Immanuel Kant in der Metaphysik der Sitten und in inserem Grundgesetz ist verankert "Die Würde des Menschen ist unantastbar". Unantastbar heisst keinerlei Einschränkungen unterworfen, schon gar keinen Kostenerwägungen. Wert und Würde des Menschen sind an keine Leistung und an keine Eigenheiten gebunden. Jeder Mensch ist wertvoll allein dadurch, dass er Mensch ist.
dass ein menschenleben nicht mit einem materiellen wert gesetzlich festgelegt werden darf ist mir auch klar ^^
doch inwiefern hilft uns das weiter wenn es zu einer situation kommt in der dieses wertvolle leben gegen anderes wertvolles leben steht?
im falle einer geiselnahme ist es so, dass der verbrecher unter umständen erschossen werden darf - er hat seine unantastbarkeit verloren, weil er so handelt (was oft auch wieder nicht ganz richtig sein dürfte, weil ihn die gesellschaft vielleicht so gemacht hat). find ich völlig richtig.
im falle der blutkonserven ist es kein tun, dass zum tod führt, sondern ein bewusstes unterlassen von möglicher hilfe, um später besser helfen zu können. ebenfalls eine aufwiegung gegen andere menschenleben. find ich auch richtig.
beim flugzeugbsp. ist das ganze noch schwieriger. wäre es nicht sinnvoll in einer extremsituation das leben weniger gegen das leben vieler aufzuwiegen, um die vielen zu retten? ist das nicht im prinzip das selbe wie mit den blutkonserven?
mir sind die gefahren bei solchen gedanken klar. doch es ist einfach ein schwieriges thema. und es sich einfach leicht zu machen indem man sagt, alles leben ist gleichvielwert, damit meine ich vor allem zahlenverhältnisse wie zb. einer ist nicht weniger wert als 1000, ist in meinen augen bestimmt auch nicht richtig.