Ich denke zweites machst du nicht, wenn du meinst man könne die Flüchtlinge mal so mir nichts dir nichts in den Arbeitsmarkt integrieren und damit auch unser Demographieproblem lösen.
Wieso schaffen wir es nicht 2,5 Mio Arbeitslose in den Arbeitsmarkt zu integrieren, wenn so ein großer Mangel an Arbeitskräften besteht. Die meisten Flüchtlinge würden noch eine Ausbildung brauchen, sie müssten unsere Sprache lernen, sich an unsere Kultur anpassen, usw. .
Das ist weitaus schwieriger als die Leute, die bei uns nicht in Arbeit sind, in Arbeit zu bringen.
Die Flüchtlinge werden einen ähnlichen hohen Lohn wie wir brauchen, falls du meinst man können mit ihnen die Lohnkosten für Unternehmen senken. Die Lebenshaltungskosten in Deutschland erfordern das. Oder darf man sich freuen, dass bald alles billiger wird ?
Flüchtlinge werden genau dort tätig sein wo die Lohnkosten sich jetzt schon auf einem Minimum befinden.
Deutsche Kinder? Wie definierst du deutsche Kinder? In der Stadt in der aufgewachsen bin gibt es bereits die dritte Generation von in den 1980er zugezogenen Türken. Oder geht es da jetzt nur um ob im Ausweis "deutsch" gesteht? Was wenn ich Sarazzin gar nicht ab kann, weil der einfach nur opportunistisch eine Meinungsnische für seinen eigenen Profit und Profilierungssucht und Selbstdarstellung genutzt hat und dabei mehr Schaden als Nutzen gebracht hat. Die Selbstdarsteller bezüglich Flüchtlinge/Ausländer gibt es da auf beiden Seiten (PRO, CONTRA), manche schwanken da sogar je nach Gegenüber und Gelegenheit hin und her. Ich habe selber schon einige solche Wendehälse im Verwandten- und Bekanntenkreis erlebt.
Du stellt das einfach so als gegeben hin, weil die Ökonomie das höchste Gut ist bzw. sein muss, sein sollte, die alles bestimmt? Oder weil irgendwelche Gruppierungen (Gender Mainstreaming, Multi-Kulti) ihre alternativen Konzepte, die vielleicht für sie selbst und vielleicht 2 bis 3 Prozent der Gesamtbevölkerung geeignet sind, allen aufoktroyieren wollen. Primat der Ökonomie und Ideologien vor traditioneller Gesellschaft/Kultur/Familie? Ist es das?
Wer wählt das aus? Wer sagt was zeitgemäß ist und was nicht? Das Wort "Entwurf" beinhaltet oder impliziert sowas wie eine bewusste Entscheidung. Wenn du genau schaust und nachfragt, nachbohrst sind bei den allermeisten diese individuellen Lebens"entwürfe" keine freiwillige bewusste Wahl, sondern fast komplett den Umständen und/oder der Sozialisation geschuldet. Nur weil die letzten Generation diesbezüglich anders sozialisiert wurden, sollten wir das einfach als gegeben, gar unveränderbar hinnehmen? Womöglich ohne es überhaupt mal in Frage zu stellen, ob diese vorgesehenen, vorgeschlagenen Lebensentwürfe (mehr ist es nämlich nicht), den eigenen Bedürfnissen oder allgemein dem Wesen des Menschen (Anthropologie) und seinen Bedürfnissen (soziale Grundbedürfnisse) entspricht? Wenn ich da von Sachen wie "social freezing" höre, sieht man wie weit da manche Interessensverbände zu gehen bereit sind.
Weltuntergang? Es gibt Wirtschaftszyklen, das ist ganz normal und wenn viele Industrienationen de facto im Abschwung, gar in der Depression sind, nennt sich dass halt Weltwirtschaftskrise. Schau dir mal die Arbeitslosenzahlen in anderen Industrienationen (Frankreich, eigentlich alle EU-Länder, USA usw.) an. Deutschland gehört da noch zu den besseren, was besserer Strukturen z. B. Ausbildung im Dualen System, aber leider auch "genialerer" Statistikverfälschungsmethoden und in sich ökonomisch wertlosen staatlichen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen geschuldet ist. Die Weltuntergangsszenarien die DU (nicht ich) da ansprichst, können aber damit zusammenhängen. Wenn man sich die Geschichte anschaut folgt solchen großen Weltwirtschaftskrisen meist größere Kriege, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, wenn es mit normalen Konsum und Investitionen nicht mehr geht.
Du scheinst es wirklich für eine Tugend zu halten, wenn ein Arbeitgeber zwischen Hunderten Bewerbern auswählen kann statt nur Dutzenden. Und sich Arbeitsuchende bei Hunderten Unternehmen bewerben müssen. Das heißt evtl. bei Unternehmen die Hunderte Kilometer weg sind, d. h. Umzug, Weg von der Familie, Single-Dasein-Fristen um eine befristete Anstellung zu bekommen. Befristet, weil der Arbeitgeber in so einer Überschuss-Situation überhaupt keinen Anreiz hat sich irgendwie zu binden.
Was mich zu dem Punkt bringt, dass mich dein sehr eloquentes und sehr glattes Geschreibe und deine Positionen und "Forderungen" bezüglich Arbeitsmarkt sehr an die "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" und ihre Broschüren und kostenlos bereitgestellten Unterrichtsmaterialien erinnern. Wer es nicht weiß, diese INSM ist fast komplett auf die Interessen von Arbeitgeberverbänden getrimmt, daneben spielt noch Agenda 21 eine größere Rolle. Interessen von Arbeitnehmern und ihren Familien spielen nur insoweit eine Rolle soweit sie in Einklang mit Arbeitgeberinteressen stehen oder zumindest kompatibel sind!
Ich denke wir drei sind längst auf einem gemeinsamen Nenner, den müssen wir nur noch genauer benennen.
Wir müssen nur noch ein paar Missverständnisse aus dem Weg räumen, denn deine Ausführungen bauen doch prima auf meine These eines "Primats der Ökonomie" auf. Du stellst richtig fest, dass genau dieses "zu hinterfragen" wäre. Nur "fordere" ich eben das Primat der Ökonomie nicht, sondern
stelle es lediglich als das wesentliche Strukturmerkmal unserer Gesellschaft
fest. Eben weil es dieses Primat gibt, verwässern "traditionelle" Lebensentwürfe in der Familie und neue, in der Sozialisation internalisierte Lebensentwürfe entstehen, die ganz als logische und notwendige Folge einer warenförmigen Gesellschaft zu verstehen sind. Die traditionelle Familie, in der es klare Rollenverteilungen gibt, der Mann sich um die Arbeit bemüht und die Frau sich zuhause liebevoll um ihre Kinder kümmert, ist eben nicht mehr gemäß, weil das Einkommen einer Person für den Lebensunterhalt einer ganzen Familie nicht mehr ausreicht. Das kann man doch einfach mal so festhalten, ohne mir direkt zu unterstellen, ich würde da eine normative Diskussion lostreten wollen.
Du schreibst richtig, dass es "vorgeschlagene, vorgesehene" Lebensentwürfe gebe, nach denen wir uns zu richten haben, wenn wir uns ein einigermaßen anständiges Leben ermöglichen wollen, in der zumindest ein paar unserer materiellen wie sozialen Bedürfnisse befriedigt werden können. Ich führe das nüchtern auf ein "Primat der Ökonomie vor dem Individuum" zurück, welches dieses zu verwerten sucht, also profitabel macht. Das ist, wie du richtig erkennst, auf die "Interessen von Arbeitgeberverbänden" und ihrer Initiativen und Kampagnen zurückzuführen: Aber doch nicht deshalb, weil die so überzeugend und einleuchtend sind, sondern weil wir sie als alternativlose Lebensentwürfe internalisieren. Wenn wir uns nicht selbst zur Ware und verwertbar machen oder großes Glück haben (Erbe, Lottogewinn, whatever) sehen wir uns der Konkurrenz auf dem (Arbeits-)markt ziemlich schutzlos gegenüber. Deshalb nehmen einige von uns befristete -und Leiharbeit an oder suchen nach einer Anstellung "hunderte Kilometer" weit von unserem Lebensmittelpunkt weg.
Aber das halte ich doch mitnichten "für eine Tugend", ganz im Gegenteil, wie kommst du denn darauf! Ich halte die Agenda 2010 oder 2021 doch nicht für etwas wünschenswertes, sie ist nur eben das
politische Äquivalent zu einer auf Kapitalverwertung ausgerichteten Organisationsform. Diese politischen Lösungsansätze sind die Antwort auf eine die Arbeit rationalisierende und die Umwelt ausbeutende Form einer Vergesellschaftung, die den Antagonismus zwischen Kapital und Arbeit, zwischen Ökonomie und Ökologie eben nicht aufheben kann (Das ist mein "Wunsch"), sondern höchstens punktuelle Ansätze schaffen kann, den Kapitalismus nicht mehr ganz so umweltsschädlich und gesundheitsschädlich zu machen, wie er ohne staatliche Intervention aussehen würde und Mitte des 19. Jahrhunderts ausgehen hat. Das versymbolisiert sich sehr schön im Begriff einer "Nachhaltigen Entwicklung", weil da eigentlich zwei Dinge genannt werden, die sich fundamental widersprechen: So ganz ohne Wachstum, also Kapitalakkumulation scheint man sich eine Gesellschaft nicht vorstellen zu können (was schade ist!).
Zum Krisenmechanismus: Auch hier sind wir auf einer Linie. Es kommt zu periodisch auftretenden Verwertungskrisen, weil einerseits Arbeit immer weiter wegrationalisiert wird (um den Kostenfaktor Arbeit zu drücken und profitabler zu wirtschaften), andererseits aber dadurch die Nachfrage fehlt, weil die arbeitenden Bevölkerung keine kaufkräftige Nachfrage mehr bedienen kann. Das spielt sich mittlerweile immer mehr im globalen Zusammenhang ab und führt wie jetzt in China, gestern in den USA (die sich durchaus wieder im Aufschwung befinden) und übermorgen in Taka-Tuka-Land zu diesen krisenhaften Erscheinungen mit all ihrer Wohlstandsvernichtung, Verelendung und Kapitalkonzentration.
Aber wir sind darauf ja auf ganz anderen Wege hingekommen: Ich stellte fest, dass Deutschland als führender Kapitalstandort dringend eine perspektivische Zuwanderung braucht, um an möglichst billige Arbeitskraft zu kommen. Dahinter steckt eine (nicht umstrittene) Theorie, dass es für die privaten Organisationsformen (Unternehmen) einer Volkswirtschaft nützlich erscheint, eine möglichst breite Zahl an Arbeitslosen "im Land zu haben", um den Kostenfaktor Arbeitskraft möglichst niedrig zu halten und damit die Konkurrenz "zu befeuern" (siehe meine Ausführungen weiter oben). Ich habe weiterhin festgestellt, dass es im Interesse deutscher Unternehmen ist, weiter in alle Welt zu exportieren und Kredite zu verleihen, also Wachstum zu fördern. Daraufhin kam deine Entgegnung im Sinne von "ja, damit hat es sich doch eh bald, bzw. damit hat es sich doch schon, weil gerade Krise ist". Ich kann daraus kein Argument herauslesen, warum der expansionistische Politik deutscher Unternehmen plötzlich Abbruch getan sein würde. Ein Unternehmen hat immer, zu jedweder Zeit, ob in Krise oder nicht, das Ziel, seine Produkte abzusetzen und Arbeit verwertbar zu machen.
Das ist übrigens das, was man Spekulation nennt: Man verwertet Arbeit, produziert und sucht nach Nachfrage auf dem Markt. Mal ist sie eben da und alle sind glücklich (wie gerade hierzulande) und machmal verspekuliert man sich, dann ist Krise. (ganz vereinfacht ausgedrückt, mir gehts hier lediglich um eine Vorwegnahme des Arguments, Krisen würden nur entstehen, weil der Finanzmarkt so "spekulativ" sei und ansonsten doch alle produzierenden Markteilnehmer
vernünftig handeln würden).
Ich glaube im Begriff des "Multi-Kulti" kann man unsere Missverständnisse noch einmal verdichtet zusammenfassen und aus dem Weg räumen: Ich sage: Multi-Kulti, also die Anerkennung kultureller Unterschiede durch Einwanderung, globale Vernetzung und Kommunikation, ist längst zum Faktum geworden und deshalb nicht zum Gegenstand einer normativen Auseinandersetzung zu machen.
Du sagst: "Multi-Kulti" ist ein alternativer Lebensentwurf einer kleinen Gruppe, die der überwältigenden Mehrheit ihren Lebensentwurf aufbürden wolle. Da man Lebensentwürfe aber diskutieren könne, also zum Gegenstand einer normativen Auseinandersetzung über richtige Werte und Verhaltensweisen machen könne, könne, bzw. sollte Multi-Kulti weniger Beachtung geschenkt und stattdessen "traditionellen" Lebensentwürfe stärkeres Gewicht verliehen werden.
Das ist schwammig, weil du Multi-Kulti als "einen speziellen Lebensentwurf" anpreist, obwohl er gerade die Gleichzeitigkeit vielfältiger Lebensentwürfe definiert, unter die natürlich auch die schwindenden "traditionellen" Lebensentwürfe fallen, aber analytisch doch völlig unhaltbar, weil damit wiederrum nur das
kulturelle Äquivalent einer ausdifferenzierten, arbeitsteiligen Gesellschaft wiedergegeben wird, die diese als das beschreibt, was sie ist.
Man kann "Multi-Kulti" nicht ausdiskutieren, da gibt es kein entweder oder, sondern höchstens nach den Entstehungsbedingungen des Begriffes fragen, der uns unweigerlich wieder darauf zurückführen wird, dass wir die Welt als eine globalisierte verstehen müssen, in der wir untereinander und gegeneinander um Arbeit (als Individuum) und Kapital (Unternehmen, ideel auch als Staat) konkurrieren.
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Daher ist auch dieser willkürliche Wert von 2-3 Prozent ziemlich schwachsinnig. Hast du eine Umfrage durchgeführt, in der man "Sind sie für Multi-Kulti JA NEIN VIELLEICHT" ankreuzen konnte? Nein, hast du nicht. Wäre aber auch genauso sinnfrei wie danach zu fragen ob jemand für Flüchtlinge oder dagegen sei. Da sind wir uns ja einig.
zu Sgt. Mo noch: Um die Lösung "unseres Demographieproblems" bin ich nicht bemüht. Ich setze mich nicht mit einem Staat gleich oder identifiziere mich mit dem Volksbegriff. Über die richtigen Maßnahmen zur Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt kannst du mit jemand anderen diskutieren. Das ist nicht mein Anliegen: Für die Verwertbarkeit eines Menschen ist es völlig irrelevant, woher er kommt. Sprachen lernen und ausgebildet werden kann jeder, zur Not schafft sich der Staat eben Gesetze, die das durchsetzen und die Verwertbarkeit somit garantieren.