Liberalismus

MJDB

Gast
Hiho,
Ich hatte letztes Wochenende eine sehr interessante Diskussion mit ein paar Freunden. Und zwar geht es darum:
Viele Menschen (besonders Politiker) sagen von sich, sie seien Liberal, doch gleichzeitig verabscheuen sie zB. extreme Politische Richtungen, oder sonst was. Kann man da noch von Liberal sprechen?
Versteht mich jetzt nicht falsch, bin selber gegen Links- bzw Rechtsradikale, aber: Wenn man wirklich Liberal sein möchte, müsste man deren Meinung, egal wie verquer sie auch sein mag, akzeptieren, oder?
Ich würde gerne von mir sagen, Liberal zu sein, aber in Angesicht dessen geht das wohl nicht, da ich selber einige Sachen nicht gutheißen kann.
Ist also der liberale Gedanke letztendlich Utopisch? Kann man wirklich liberal sein, da man ja durch Erfahrungen und geziehlte Erziehung unterbewusst Vorurteile aufbaut.
Und wie würde die Welt aussehen, wenn wirklich jeder Liberal wäre? Meiner Meinung nach, würde es im Chaos enden, trotzdem ist Liberalismus ja etwas positives. Wäre jedoch jeder zu 100% Liberal, könnte man einem Straftäter nicht für seine Taten bestrafen, da man die Tat an sich respektiert. Oder nicht?
Nach Wikipedia strebt der Liberalismus die individuelle Freiheit an. Demnach sind also auch bei einem Voll-Liberalen Grenzen zu finden. Den wahren Liberalisten kann es demnach garnicht geben, denn anstreben bedeutet zwar, sich in Richtung absoluter individueller Freiheit begeben, diese jedoch nicht unbedingt zu erreichen.
Das ist meine ganz subjektive Meinung, was sagt ihr dazu?


Liberalismus-Begriff nach Wikipedia:
Der Liberalismus (lat. liber: frei, lat. liberalis: die Freiheit betreffend, freiheitlich) ist eine philosophische, ökonomische und politische Ideologie, die die individuelle Freiheit als normative Grundlage der Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung anstrebt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Liberalismus
 
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Aenas Ayxionara

Gast
Für mich ist Liberalismus utopisch, da weltfremd und feindlich....
Das kommt mE immer dann zum Ausdruck, wenn man Liberale nach ihrem Zukunftsplan befragt- eigentlich haben sie keinen.
Ich habe letzte Woche ein Interessantes Interview mit Cem Özdemir gehört, kam auf DLF glaube ich.
Er sprach an einer Stelle das aus, was ich seit Jahren denke. Er sprach von den Schwierigkeiten der Grünen in NRW, sich zwischen einer Koalition mit 2 extremistischen Parteien entscheiden zu müssen, nämlich den Linken oder der FDP...
Er nannte es dann einen Markt-Extremismus, und nichts anderes ist es auch.
Liberal sein zu wollen heißt nichts anderes, als mit seinen eigenen Zukunftsplänen auf Kosten anderer und vor allem koste es, was es wolle, entwickeln zu dürfen- solange die große Masse es bezahlt.
Schließlich darf jeder Tellerwäscher sein und Millionär werden dürfen - jeder hat ja die Chance. Nur wird selten verraten, dass eben Tausende Tellerwäscher bleiben müssen, damit einer Millionär werden darf.
Letztlich ist es nichts anderes als das Geschrei in einem Wolfsrudel, ob man nicht ne demokratische Abstimmung über die Rudelherrschaft durchführen möchte.
Die kleinen Wölfe können da 10 mal dafür sein, es wird nicht klappen, wenn sie vom Alpha gebissen werden.

Ich gebe zu, ich bin in einem kommunistischen Land groß geworden, oder dem, was man uns als dafür verkauft hatte. Und ja, ich habe mich wohl gefühlt darin. Wohler als jetzt, obwohl ich lügen würde, wenn ich nicht sagte, dass auch ich von den Freiheiten profitiert hätte, die man uns 89/90 als erstrebenswert angepriesen hatte. Ich musste mich dann, auch berufsbedingt, mit den unterschiedlichen "Freiheitsbegriffen" in beiden deutschen Staaten beschäftigen, und ich komme immer mehr zu dem Schluss, dass jener von damals ebenso falsch war, wie es der von heute ist.

Für mich ist diese Liberalismusdebatte nichts anderes, als eine Ablenkung der Menschen von den wirklichen Problemen. Mit einem Honigtopf verspricht man ihm jeden Tag, "...du könntest ja auch...", um ihm dann mit der selben Begründung alle möglichen Knüppel zwischen die Beine zu werfen.

Das liberale Politik der Masse nichts nützt, wird man merken, wenn man sich eingesteht, dass man gar kein Hotel besitzt, kein Atomkraftwerk, keine Bank, und sich Gedanken darüber macht, wie sehr man eigentlich tagtäglich von einem Afghanen oder Iraner bedroht wird....
 

Kuldigar

Gast
Zunächst - ich bin überzeugter Anhänger des Liberalismus. Mit Karl. habe ich darüber ja auch hier schon diskutiert, insbesonere, was Liberalismus eigentlich bedeutet.

Nur zur Klarstellung:
Liberalismus bezeichnet die politische bzw. weltanschauliche Einstellung, dass individuelle Freiheit den zentralen Wert in einer Gesellschaftsordnung darstellt und diese einen möglichst hohen Grad individueller Freiheit gewährleisten soll.

Auf dieser Grundlage:


Für mich ist Liberalismus utopisch, da weltfremd und feindlich....

Keineswegs. Der Liberalismus ist vielmehr die sinnvolle Ausrichtung der Gesellschaftsordnung auf das, wofür sie letztlich da ist: Die Garantie individueller Entfaltungsmöglichkeiten bei gleichzeitigem Schutz vor Gefahren.

Das kommt mE immer dann zum Ausdruck, wenn man Liberale nach ihrem Zukunftsplan befragt- eigentlich haben sie keinen.

Eine falsche und polemische Behauptung. Erstens habe ich Zukunftspläne. Zweitens ist eine politische Einstellung nicht gezwungen, einen konkreten Zukunftsplan zu haben, sie kann auch in der Kritik von Fehlentwicklungen bestehen. Drittens stellst du es so hin, als hättest du eine große Zahl von Liberalen befragt (wobei bereits fraglich sein könnte, ob es sich wirklich um Liberale gehandelt hat).

Ich habe letzte Woche ein Interessantes Interview mit Cem Özdemir gehört, kam auf DLF glaube ich.
Er sprach an einer Stelle das aus, was ich seit Jahren denke. Er sprach von den Schwierigkeiten der Grünen in NRW, sich zwischen einer Koalition mit 2 extremistischen Parteien entscheiden zu müssen, nämlich den Linken oder der FDP...

Extremistisch ist die FDP sicher nicht, aber selbst wenn du sie so klassifizieren willst, was ändert das? Ich finde es ja schön, wenn du die FDP als liberale Partei klassifizierst - ich fürchte sie ist es leider zu wenig - aber...

Wen Cem Özdemir als Angehöriger einer der beiden liberaleren Parteien (Grüne und FDP) über seine Probleme darüber lamentiert, dass wenn die Grünen und die FDP eine Koalition bilden, sie Schwierigkeiten bekommen sich abzugrenzen - wieso ist das so dramatisch?

Er nannte es dann einen Markt-Extremismus, und nichts anderes ist es auch.

Hier verwechselst du Liberalismus und Wirtschaftsliberalismus, der eine sträfliche und dämliche Verknappung des Liberalismus und ein kindischer Glaube an den "freien Markt" ist. Den findest du zwar bei einigen FDP-Typen, aber nicht Mal in der FDP bei der Mehrheit.

Liberal sein zu wollen heißt nichts anderes, als mit seinen eigenen Zukunftsplänen auf Kosten anderer und vor allem koste es, was es wolle, entwickeln zu dürfen- solange die große Masse es bezahlt.

Woraus ergibt sich das genau?

Im Gegenteil:
Liberalismus heißt, dass das Individuum den Grad an Freiheit erhalten soll, der möglich ist, ohne dass die anderen Individuen dadurch in ihrer Freiheit eingeschränkt werden.

Dazu gehört auch die wirtschaftliche Freiheit.

Was du zeichnest ist nichts als öde Parteipolemik aus der BRD, in der FDP = liberal und Grün = alternativ und SPD = sozial gesetzt wird. Mit den eigentlichen Inhalten dieser politischen Einordnungen haben diese Parteien aber längst wenig zu tun.

Schließlich darf jeder Tellerwäscher sein und Millionär werden dürfen - jeder hat ja die Chance. Nur wird selten verraten, dass eben Tausende Tellerwäscher bleiben müssen, damit einer Millionär werden darf.

Der Liberalismus selbst trifft keine Aussage zur Wirtschaftsordnung, außer, dass neben Chancengleichheit die Möglichkeit freiheitlicher Lebensplanung treten muss.

Dazu gehört auch wirtschaftliche Freiheit.

Abgesehen davon liegt ein Irrtum darin, dass alle arm sein müssen, damit einer Millionär sein kann. Es wäre auch denkbar, dass wir eine Ordnung erschaffen in der jeder "Millionär" ist - also alles hat was er benötigt + einen gewissen Luxus, ohne dass dafür andere weniger haben müssen.

Letztlich ist es nichts anderes als das Geschrei in einem Wolfsrudel, ob man nicht ne demokratische Abstimmung über die Rudelherrschaft durchführen möchte.

Jetzt verwechselst du Liberalismus mit einer Staatsform.

Ich gebe zu, ich bin in einem kommunistischen Land groß geworden, oder dem, was man uns als dafür verkauft hatte. Und ja, ich habe mich wohl gefühlt darin. Wohler als jetzt, obwohl ich lügen würde, wenn ich nicht sagte, dass auch ich von den Freiheiten profitiert hätte, die man uns 89/90 als erstrebenswert angepriesen hatte.

Die DDR, falls sie es war, war sicher wenig kommunistisch.

Ich musste mich dann, auch berufsbedingt, mit den unterschiedlichen "Freiheitsbegriffen" in beiden deutschen Staaten beschäftigen, und ich komme immer mehr zu dem Schluss, dass jener von damals ebenso falsch war, wie es der von heute ist.

Könntest du das erläutern? Was genau verstehst du unter Freiheit?

Für mich ist diese Liberalismusdebatte nichts anderes, als eine Ablenkung der Menschen von den wirklichen Problemen. Mit einem Honigtopf verspricht man ihm jeden Tag, "...du könntest ja auch...", um ihm dann mit der selben Begründung alle möglichen Knüppel zwischen die Beine zu werfen.

Völlig falsch.

Vielmehr soll genau von der persönlichen Möglichkeit, der persönlichen Verantwortlichkeit und dem eigentlichen Sinn der Gesellschaftsordnung ABGELENKT werden.

Es liegt weit mehr im Interesse der "Millionäre" - die eher Milliardäre sind - wenn die Masse sich NICHT mit dem Liberalismus beschäftigt.

Das liberale Politik der Masse nichts nützt, wird man merken, wenn man sich eingesteht, dass man gar kein Hotel besitzt, kein Atomkraftwerk, keine Bank, und sich Gedanken darüber macht, wie sehr man eigentlich tagtäglich von einem Afghanen oder Iraner bedroht wird....

Ich wurde noch nie von einem Afghanen bedroht.
Ich wurde noch nie von einem Iraner bedroht.

Dumme Ängste beherrschen die politische Debatte und sollen instrumentalisiert werden, um dafür zu sorgen, dass die Masse bereit ist, auf gleichere Verteilung der Ressourcen und individuelle Freiheiten zu verzichten.

Big Brother läßt grüßen.


@MJDB:

Viele Menschen (besonders Politiker) sagen von sich, sie seien Liberal, doch gleichzeitig verabscheuen sie zB. extreme Politische Richtungen, oder sonst was. Kann man da noch von Liberal sprechen?

Ja, kann man. Liberalismus bedeutet nicht Toleranz aller Strömungen. Man kann Liberalist sein und dennoch extreme politische Positionen ablehnen.

Man muss nur bereit sein, zu dulden, dass es sie gibt.

Es gibt da den schönen Satz:
"Ich würde jederzeit gegen das kämpfen, was sie propagieren. Aber ich würde dafür sterben, dass sie auch weiter das Recht haben, es propagieren zu dürfen"

Ein wenig viel Pathos, aber wahr.

Versteht mich jetzt nicht falsch, bin selber gegen Links- bzw Rechtsradikale, aber: Wenn man wirklich Liberal sein möchte, müsste man deren Meinung, egal wie verquer sie auch sein mag, akzeptieren, oder?

Nein, man muss lediglich bereit sein, dass Überzeugungen existieren und erlauben, dass sie verbreitet werden.

Auch dies aber nur insoweit, als durch solche Meinungen nicht andere geschädigt werden (etwa Antisemitismus o.ä.). Liberalismus heißt der größtMÖGLICHE Grad individueller Freiheit, nicht unbegrenzte Freiheit, denn diese wäre Tyrannei des Individuums.

Ich würde gerne von mir sagen, Liberal zu sein, aber in Angesicht dessen geht das wohl nicht, da ich selber einige Sachen nicht gutheißen kann.

Der Liberale kann durchaus Dinge ablehnen - das ist Teil seiner FREIHEIT ;)

Ist also der liberale Gedanke letztendlich Utopisch? Kann man wirklich liberal sein, da man ja durch Erfahrungen und geziehlte Erziehung unterbewusst Vorurteile aufbaut.

Niemand ist wirklich vollständig irgendeiner Ideologie verhaftet - jedenfalls niemand bei geistiger Gesundheit. Aber man kann sich bemühen und weit kommen...

Und wie würde die Welt aussehen, wenn wirklich jeder Liberal wäre? Meiner Meinung nach, würde es im Chaos enden, trotzdem ist Liberalismus ja etwas positives.

Beides bitte erklären. Wieso wäre eine solche Welt chaotisch? Wieso ist dann Liberalismus dennoch positiv?

Wäre jedoch jeder zu 100% Liberal, könnte man einem Straftäter nicht für seine Taten bestrafen, da man die Tat an sich respektiert. Oder nicht?

Eben nicht, siehe oben. Du unterliegst einem Mißverständnis, was Liberalismus ist.
 

MJDB

Gast
Hiho nochmal
Aenas Ayxionara schrieb:
Für mich ist Liberalismus utopisch, da weltfremd und feindlich....

Der 100%ige Liberalismus (also vollendete) ist meiner Meinung auch utopisch und läuft auf Chaos hinaus.

Kuldigar schrieb:
Beides bitte erklären. Wieso wäre eine solche Welt chaotisch? Wieso ist dann Liberalismus dennoch positiv?

Mit, dass der Liberalismus etwas positives ist, meinte ich, dass er allgemein positiv anzusehen ist, dennoch im Chaos enden kann. Als Beispiel dafür, hatte ich das mit dem Straftäter angebracht. Nach deiner Definition Kuldigar macht es Sinn, dass das Beispiel falsch ist. Dennoch, wenn man nun noch etwas weitergeht:
Kuldigar schrieb:
Liberalismus bezeichnet die politische bzw. weltanschauliche Einstellung, dass individuelle Freiheit den zentralen Wert in einer Gesellschaftsordnung darstellt und diese einen möglichst hohen Grad individueller Freiheit gewährleisten soll.
Was, wenn für jedes Individuum der höchste Grad an individueller Freiheit gewährleistet ist. Wenn jedes Individuum vollkommen frei ist, dann hätten wir sowas ähnliches wie den Naturzustand ala Hobbes (Ich weiß jetzt nicht, wie weit ihr mit der Materie vertraut seit, hab grade mein Abitur hinter mir mit Politik als Leistungskurs) mit dem Unterschied, eine feste Staatsform mit Gesetzen und Regeln vorweisen zu können.
Doch wären die Gesetze und Regeln dann ja nur eine Formalität, weil jeder tun und lassen könnte, was er will. Hobbes nannte es einen Kampf eines Jeden gegen Jeden. Nur aus der Vernunft heraus, würden sich die Menschen nicht gegenseitig zerstören. Das ist meiner Meinung nach utopisch. (Ich glaub ich schweif vom Thema ab, sry :D)

Aenas Ayxionara schrieb:
Das kommt mE immer dann zum Ausdruck, wenn man Liberale nach ihrem Zukunftsplan befragt- eigentlich haben sie keinen.

Dem kann ich auch nicht zustimmen, da ich nicht ganz verstehe, wie Liberalismus und keinen Zukunftsplan haben zusammenhängt.
Zudem wiedersprichst du dir selber:

Aenas Ayxionara schrieb:
Liberal sein zu wollen heißt nichts anderes, als mit seinen eigenen Zukunftsplänen auf Kosten anderer und vor allem koste es, was es wolle, entwickeln zu dürfen- solange die große Masse es bezahlt.

Also sind doch Zukunftspläne vorhanden? Warum gehen die auf Kosten anderer?

Kuldigar schrieb:
[...] Man kann Liberalist sein und dennoch extreme politische Positionen ablehnen.

Man muss nur bereit sein, zu dulden, dass es sie gibt.

Es gibt da den schönen Satz:
"Ich würde jederzeit gegen das kämpfen, was sie propagieren. Aber ich würde dafür sterben, dass sie auch weiter das Recht haben, es propagieren zu dürfen"

Ein wenig viel Pathos, aber wahr.

Okay. Dann hab ich Liberalismus tatsächlich falsch gedeutet. Mir ist selber aufgefallen, dass der vollendete Liberalismus einhergeht mit dem Verlust, bzw der Einschränkung, der eigenen Meinung. Man kann dann, nach meiner Definition, anderes Denken und Handeln nicht objektiv bewerten, da man von vorne herein alles respektiert.
So könnte der wahre Liberalismus nicht im Chaos sondern im Frieden enden. Wenn jeder jeden respektiert, jedes Denken, jedes Handeln eines anderen gutheißen kann, dann gibt es auch im Naturzustand keinen Grund, sich gegenseitig zu töten.
Man sollte das von allen Seiten betrachten. Liberalismus hat das Potenzial die Welt positiv zu gestallten, könnte jedoch auch augenutzt werden, um sie ins Chaos zu stürzen.
___

Jetzt noch eine Frage am Ende:
Nach dem zweiten Weltkrieg wurden propangistische Zeichen Hitlers, wie das Hakenkreuz, um nur ein Bespiel zu nennen, verboten. Meiner Meinung nach völlig zurecht, da für die Opfer Hitlers mit diesen Symbolen viel Leid zusammenhängt. Jedoch müssten die Liberalen doch auch die, zugegebener Maßen sehr beschränkte, Sichtweise der Neonazis respektieren und ein solches Verbot aufheben, oder nicht?
(Ich möchte hier jetzt keine Disskusion zu Hitlers Taten anfangen, das gehört in einen anderen Thread.)
 
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Kuldigar

Gast
Hiho nochmal
Der 100%ige Liberalismus (also vollendete) ist meiner Meinung auch utopisch und läuft auf Chaos hinaus.

Wie bereits geschrieben - Liberalismus bedeutet nicht Abwesenheit sozialer Regeln. Ich sehe immer noch nicht, wieso individuelle Freiheitsgewährung auf Chaos hinausliefe.

Mit, dass der Liberalismus etwas positives ist, meinte ich, dass er allgemein positiv anzusehen ist, dennoch im Chaos enden kann. Als Beispiel dafür, hatte ich das mit dem Straftäter angebracht. Nach deiner Definition Kuldigar macht es Sinn, dass das Beispiel falsch ist.

Richtig. Wieso beharrst du dann darauf, der Liberalismus ende im Chaos? Das widerspricht sich.

Dennoch, wenn man nun noch etwas weitergeht:

Was, wenn für jedes Individuum der höchste Grad an individueller Freiheit gewährleistet ist.

Wenn dies die rechtliche, wirtschaftliche und entfaltungsmäßige Freiheit ist, wäre das vermutlich eine ziemlich ideale Gesellschaftsordnung.

Wenn jedes Individuum vollkommen frei ist, dann hätten wir sowas ähnliches wie den Naturzustand ala Hobbes (Ich weiß jetzt nicht, wie weit ihr mit der Materie vertraut seit, hab grade mein Abitur hinter mir mit Politik als Leistungskurs) mit dem Unterschied, eine feste Staatsform mit Gesetzen und Regeln vorweisen zu können.

Ich bin mit der Materie recht gut vertraut und du irrst an mehreren Punkten.

1.:
Hobbes ist kein Liberalist. Der Urzustand, den er zeichnet, ist ein Zustand absoluter Unfreiheit, weil er die Diktatur des Stärkeren beinhaltet.

2.:
Der Urzustand von Hobbes zeichnet sich gerade dadurch aus, dass der Gesellschaftsvertrag noch nicht in Kraft ist. Folglich wäre, sobald eine Staatsform und Gesetze vorliegen kein Urzustand mehr gegeben.

3.:
Der Naturzustand bei Hobbes geht von falschen Vorstellungen hinsichtlich des Menschen aus. Ich berufe mich hier Mal pauschal auf die kürzlich von Friedrich. geposteten Untersuchungen und Erkenntnisse hinsichtlich der Natur des Menschen.

Hobbes zeichnet ein misanthropisches Menschenbild, dass im wesentlichen auf seinem eigenen Elend und seiner konservativen Einstellung basierte. Dieses ist nicht realistisch.

Doch wären die Gesetze und Regeln dann ja nur eine Formalität, weil jeder tun und lassen könnte, was er will.

Blanker Unsinn. Wo steht, dass die größtmögliche Freiheitsgewährung darin besteht, Gesetze oder Regeln nicht durchzusetzen? Die Durchsetzung von Regeln ist vielmehr Grundlage jeder Gesellschaftsordnung, sonst ist es keine Gesellschaftsordnung.

Dein Grundmißverständnis besteht darin, dass dein Begriff von Liberalismus und Freiheit nicht geklärt ist und du Liberalismus mit etwas verwechselst, was der Begriff nicht bedeutet.

Kurz:
Du glaubst, Liberalismus hieße es gäbe keine Gesetze oder sie würden nicht beachtet. Das ist falsch. Vielmehr beinhaltet Liberalismus nur das Thema der AUSRICHTUNG der Gesellschaftsordnung, nicht deren Abwesenheit.

Hobbes nannte es einen Kampf eines Jeden gegen Jeden.

Ja, und? Hobbes hat theoretisiert und hatte bei weitem nicht die Kenntnisse der Sozialpsychologie und Soziologie sowie Anthropologie, die heute zur Verfügung stehen.

Nur aus der Vernunft heraus, würden sich die Menschen nicht gegenseitig zerstören. Das ist meiner Meinung nach utopisch. (Ich glaub ich schweif vom Thema ab, sry :D)

Kein Problem, aber du irrst gewaltig.

Hobbes Bild war zu NEGATIV, nicht utopisch.

Ich stelle dir diesbezüglich eine einfache Frage:

Warum genau gehst du nicht nachts auf die Straße, erschlägst eine alte Oma und nimmst ihr Geld ab? Rein "wirtschaftlich" ist das eine sinnvolle Handlung, denn du hast danach mehr Mittel als vorher.

Wenn du jetzt antwortest:
"Das tue ich nicht, weil ich Angst vor Strafe habe."

Dann antwortest du im Sinne von Hobbes.

Aber ich kann für mich (und die meisten die ich kenne) sagen, dass ich es auch dann nicht tun würde, wenn ich SICHER wüßte, dass ich NIEMALS erwischt werden könnte. Angst vor Strafe hält mich also nicht ab, sondern etwas anderes. Nennes es soziales Bewußtsein oder sonst wie du willst.

Jedenfalls:
Der Mensch ist ein soziales Wesen.


Okay. Dann hab ich Liberalismus tatsächlich falsch gedeutet. Mir ist selber aufgefallen, dass der vollendete Liberalismus einhergeht mit dem Verlust, bzw der Einschränkung, der eigenen Meinung. Man kann dann, nach meiner Definition, anderes Denken und Handeln nicht objektiv bewerten, da man von vorne herein alles respektiert.

Du mußt unterscheiden zwischen prinzipieller Freiheitsgewährung, Toleranz und Respekt.

Als liberaler Mensch musst du dafür sein, dass jeder die Freiheit gewährt bekommt, seine Meinung zu vertreten. Du mußt deshalb WEDER tolerieren noch respektieren.

Diesen "vollendeten Liberalismus" gibt es nicht - das ist deine Fehlvorstellung.

So könnte der wahre Liberalismus nicht im Chaos sondern im Frieden enden. Wenn jeder jeden respektiert, jedes Denken, jedes Handeln eines anderen gutheißen kann, dann gibt es auch im Naturzustand keinen Grund, sich gegenseitig zu töten.

Das wiederum halte ICH für utopisch. Aus Erfahrung. Menschen streiten - sie brauchen Wege um den Streit zu institutionalisieren, um Gewalt und Probleme zu vermeiden.

Man sollte das von allen Seiten betrachten. Liberalismus hat das Potenzial die Welt positiv zu gestallten, könnte jedoch auch augenutzt werden, um sie ins Chaos zu stürzen.

Wie? Erneut, ich sehe nicht, wieso die Ausrichtung der Gesellschaft auf individuelle Freiheit zum Chaos führen soll.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurden propangistische Zeichen Hitlers, wie das Hakenkreuz, um nur ein Bespiel zu nennen, verboten. Meiner Meinung nach völlig zurecht, da für die Opfer Hitlers mit diesen Symbolen viel Leid zusammenhängt. Jedoch müssten die Liberalen doch auch die, zugegebener Maßen sehr beschränkte, Sichtweise der Neonazis respektieren und ein solches Verbot aufheben, oder nicht?

Das Verbot von Symbolen halte ich für rechtspolitisch bedenklich, aber historisch erklärbar. Eine liberale Position sollte darauf gerichtet sein, solche Verbote mindestens kritisch zu hinterfragen.

Insgesamt sind politische Straftaten für Liberale, wie auch für mich selbst, ein Problem.

Dennoch bedeutet Liberalismus nicht den WEHRLOSEN Staat bzw. die wehrlose Gesellschaftsordnung. Wenn ein bestimmtes Verhalten gemeinschädlich ist, dann ist es geboten, dieses Verhalten zu unterbinden, um die freiheitliche Entfaltung der Individuen zu schützen.

(Ich möchte hier jetzt keine Disskusion zu Hitlers Taten anfangen, das gehört in einen anderen Thread.)

Nein, besser diskutiert man das wenn dann in einem anderen FORUM.
 

Orestikon

Gast
Viele Menschen (besonders Politiker) sagen von sich, sie seien Liberal, doch gleichzeitig verabscheuen sie zB. extreme Politische Richtungen, oder sonst was. Kann man da noch von Liberal sprechen?

Sie wollen gewählt werden und wollen nicht, dass andere Parteien gewählt werden. Also kommt ihnen das Tabu der extremen Parteien zugute. Wenn sie liberale Positionen durchsetzen wollen, ist es für sie also gut, wenn sie ihre Konkurenz auf dem Abstellgleis liegen lassen und nicht für sie eintreten. Sehe da keinen Widerspruch.

Versteht mich jetzt nicht falsch, bin selber gegen Links- bzw Rechtsradikale, aber: Wenn man wirklich Liberal sein möchte, müsste man deren Meinung, egal wie verquer sie auch sein mag, akzeptieren, oder?

Nö. Nichtliberale Positionen muss man nicht akzeptieren, die laufen den eigenen Positionen ja entgegen. Also sagt der liberale: Diese Position ist falsch. Was du wohl meinst: Der Liberale sollte dafür eintreten, dass auch nichtliberale Positionen frei geäußert werden dürfen. Und ja, dafür müsste man als Liberaler einstehen. Wenn du aber ein liberaler Politiker bist, musst du das wiederum nicht, du willst ja gewählt werden.

Und wie würde die Welt aussehen, wenn wirklich jeder Liberal wäre? Meiner Meinung nach, würde es im Chaos enden, trotzdem ist Liberalismus ja etwas positives. Wäre jedoch jeder zu 100% Liberal, könnte man einem Straftäter nicht für seine Taten bestrafen, da man die Tat an sich respektiert. Oder nicht?

Du willst wohl darauf hinaus, dass Anarchismus eine konsequente Form des Liberalismus wäre. Naja, im Chaos würde das nicht unbedingt enden. Und warum kann man einen Straftäter denn nicht bestrafen? Nach deiner Auslegung von Liberalismus müsste man ja auch die Bestrafung des Straftäters respektieren. :D
Ich glaube, du verwechselst Liberalismus einfach mit Gleichgültigkeit.
 
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MJDB

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Kuldigar schrieb:
Diesen "vollendeten Liberalismus" gibt es nicht - das ist deine Fehlvorstellung.

Da stimme ich dir zu, ich spreche hier auch nur vom Theoretischen, wenn man den Liberalen-Gedanken weiterspinnt, dann würde man zum "vollendeten Liberalismus", rein theoretisch, gelangen. Dass dieser praktisch nicht möglich ist, mag sein.
Ich möchte auch nicht den Liberalismus, so wie er existiert, in Frage stellen. Mir geht es hier rein um einen theoretischen Gedanken.

Kuldigar schrieb:
Das wiederum halte ICH für utopisch. Aus Erfahrung. Menschen streiten - sie brauchen Wege um den Streit zu institutionalisieren, um Gewalt und Probleme zu vermeiden.

Da widersprechen wir beide uns ja nicht ;) Ich sagte bereits, dass der wahre Liberalismus utopisch sei. Da aus diesem Liberalismus rein theoretisch dieser Frieden entstehen könnte, ist der Frieden an sich auch utopisch.

Orestikon und Kuldigar, ihr sprecht davon, dass man als Liberaler andere Meinungen tolerieren müsse, diese jedoch nicht respektieren müsse. Soweit so gut, aber laut Kuldigars geposteter Definition:
Kuldigar schrieb:
Liberalismus bezeichnet die politische bzw. weltanschauliche Einstellung, dass individuelle Freiheit den zentralen Wert in einer Gesellschaftsordnung darstellt und diese einen möglichst hohen Grad individueller Freiheit gewährleisten sol
strebt der Liberalismus die Freiheit an. Sicher ist mit Freiheit auch die Meinungsfreiheit umgriffen; Freiheit jedoch darauf zu reduzieren finde ich ein wenig zu beschränkt.
Demnach wäre im theoretisch-utopischen vollendeten Liberalismus jeder Mensch so frei, dass er tun und lassen könnte was er will. Denn das ist schließlich absolute Freiheit die mit dem vollendeten Liberalismus einhergeht.
Ich weiß, dass Wikipedia nicht unbedingt die beste Quelle ist, dennoch: hier die Freiheitsdefinition nach Wikipedia:
Freiheit (lateinisch libertas) wird in der Regel verstanden als die Möglichkeit, ohne Zwang zwischen verschiedenen Möglichkeiten auswählen und entscheiden zu können. Der Begriff benennt allgemein einen Zustand der Autonomie eines handelnden Subjekts.

Soll heißen:
Wie theoretisch, praktisch unmöglich und utopisch der vollendete Liberalismus auch sein mag, durch ihn gelangt das Individuum an wahre Freiheit.
Wahre Freiheit impliziert aber auch, durch nichts und niemanden in seinem Handeln eingeschränkt zu werden. Gesetze und Regeln tun genau dieses. Desswegen wären diese Gesetze und Regeln reine Formalitäten, da sie entgegen der Freiheit des Liberalen wären. Ohne durchgreifende Gesetze und Regeln, könnte jedoch jeder tun und lassen, was er will, ohne eine Strafe fürchten zu müssen. Logische Folge: Chaos.

Kuldigar schrieb:
Jedenfalls:
Der Mensch ist ein soziales Wesen.

Ja. Der mensch ist ein soziales Wesen, jedoch nicht immer ein sozial handelndes Wesen.
Damals wie heute werden Ressourcenkriege geführt, und damals wie heute kommen dabei viele Menschen um.
Hier passt dein Beispiel mit der Oma im übertragenen Sinne ganz gut. Die großen Länder (damals mehr als heute, da zum Glück vermehrt Friedenspolitik betrieben wird) maschieren in kleinere, schwächere Länder ein ("Oma") um an deren Ressourcen zu gelangen ("Geld")
Kuldigar schrieb:
Rein "wirtschaftlich" ist das eine sinnvolle Handlung, denn du hast danach mehr Mittel als vorher.

Kuldigar schrieb:
Du glaubst, Liberalismus hieße es gäbe keine Gesetze oder sie würden nicht beachtet. Das ist falsch. Vielmehr beinhaltet Liberalismus nur das Thema der AUSRICHTUNG der Gesellschaftsordnung, nicht deren Abwesenheit.
Nein, das glaube ich nicht. Wie gesagt, nur wenn man den Liberalismusgedanken weiterspinnt und auf die Spitze treibt, wären Gesetze sinnlos.

Orestikon schrieb:
Du willst wohl darauf hinaus, dass Anarchismus eine konsequente Form des Liberalismus wäre.
Das wäre eine mögliche Folge, ja.

Wie gesagt, es ist nur ein Gedanke. Ich will damit jetzt keines Wegs Aanarchie oder ähnliches lobpreisen oder sagen, dass das unsere Zukunft sein soll. Bin recht zufrieden mit unserer Staatsform :)
 
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Kuldigar

Gast
Da stimme ich dir zu, ich spreche hier auch nur vom Theoretischen, wenn man den Liberalen-Gedanken weiterspinnt, dann würde man zum "vollendeten Liberalismus", rein theoretisch, gelangen. Dass dieser praktisch nicht möglich ist, mag sein.

Nein, würde man nicht - das hier gilt für alle deine "weiterspinnen"-Ausführungen:

Du legst einen kindlichen Begriff von Freiheit zugrunde.

Freiheit kann nicht allein sein, tun zu können, was einem beliebt. Das ist nur solange Freiheit, wie du ein Einsiedler ohne jeden sozialen Kontakt bist. Sobald du dich in eine Gesellschaft begibst gibt es einen notwendigen Konflikt zwischen deiner Freiheit und der freien Entfaltung der anderen.

Man nennt das Interessenkonflikt.

Basis der Lösung dieses Konfliktes können nur zwei mögliche Handlungsweisen sein, Gewalt oder Kommunikation. Kommunikation ist die vergesellschaftende integrierende Grundhandlung, die, obgleich unwahrscheinlich (Luhmann) dazu führt, dass wir soziale Einheiten und Systeme ausbilden.

Der Liberalismus leugnet nichts davon und geht vielmehr von der absoluten NOTWENDIGKEIT eines sozialen Systems aus, welches die Freiheiten schützt.

Wie dieses System aussieht, ob es ein Anarcho-Syndikalismus, eine Diktatur des Proletariats, eine rechtsstaatliche Demokratie oder ein weiser Gottkönig ist, ist PER SE erstmal unerheblich. Zwar gibt es Staatsformen, die dem Liberalismus mehr liegen, aber Liberaler kannst du in jedem System sein.

Freiheit kann überhaupt nur soweit existieren, wie du in der Lage bist, deine Freiheit auch umzusetzen. Der völlig Unterlegene, der vom Stärkeren jederzeit verprügelt und gehänselt wird ist nicht frei. Wer wirtschaftlich abhängig ist, ist nicht frei.

Du schreibst später, man könne Freiheit nicht VERKÜRZEN auf die Meinungsfreiheit.

Da hast du Recht, hat hier aber außer vielleicht dir niemand getan. Im Gegenteil, du verkürzt Freiheit auf die volatile Seite, also auf den freien Entschluss und übersiehst, dass erst das Sozialsystem die Möglichkeit des ungestörten AUSLEBENS der Freiheit ermöglicht.

ZUENDEGEDACHT ist der Liberalismus dann nämlich auch keine ABKEHR von Beschränkungen, Regeln und Gesetzen, sondern ein sinnvoller Einsatz derselben und DA liegt dein elementares Mißverständnis.


Ich möchte auch nicht den Liberalismus, so wie er existiert, in Frage stellen. Mir geht es hier rein um einen theoretischen Gedanken.

Gut, wenn du uns ernsthaft die Frage stellst:

"ist eine Ideologie sinnvoll, die totale Entschließungsfreiheit ohne Grenzen gewährt?"

Dann ist die Antwort schnell gefunden:

"Nein, sowas ist unsinnig."

Hinzu kommt dann:
"Außerdem ist das kein Liberalismus."

Da widersprechen wir beide uns ja nicht ;) Ich sagte bereits, dass der wahre Liberalismus utopisch sei. Da aus diesem Liberalismus rein theoretisch dieser Frieden entstehen könnte, ist der Frieden an sich auch utopisch.

Und genau das habe ich widerlegt. Erstens ist das nicht der "wahre" Liberalismus sondern dein Unfug und zweitens kann aus diesem Unfug, den du dir unter dem Begriff Freiheit vorstellst auch kein Frieden werden.

Das ist nicht uto- sondern idotisch ;)

Orestikon und Kuldigar, ihr sprecht davon, dass man als Liberaler andere Meinungen tolerieren müsse, diese jedoch nicht respektieren müsse. Soweit so gut, aber laut Kuldigars geposteter Definition:

strebt der Liberalismus die Freiheit an. Sicher ist mit Freiheit auch die Meinungsfreiheit umgriffen; Freiheit jedoch darauf zu reduzieren finde ich ein wenig zu beschränkt.

Wie bereits ausgeführt, eine solche Reduktion findet nicht statt.

Auf die Meinungsfreiheit findet das oben zum Liberalismus gesagte ebenso Anwendung wie auf die Handlungsfreiheit und andere, speziellere Freiheiten.

Demnach wäre im theoretisch-utopischen vollendeten Liberalismus jeder Mensch so frei, dass er tun und lassen könnte was er will. Denn das ist schließlich absolute Freiheit die mit dem vollendeten Liberalismus einhergeht.

Wie oben beschrieben, nein.

Dies wäre vielmehr ein hoher Grad an UNFREIHEIT, da dem Maximum an ENTSCHLIESSUNGFREIHEIT ein extrem wechselnder Grad von UMSETZUNGSFREIHEIT gegenüberstünde, wenn ich diese Termini mal benutzen darf.

Ich weiß, dass Wikipedia nicht unbedingt die beste Quelle ist, dennoch: hier die Freiheitsdefinition nach Wikipedia:

Die Definition ist in Ordnung.

Damit die Möglichkeit aber wirklich existiert ist eben eine echte Wahlfreiheit notwendig. Das ist etwa bei der wirtschaftlichen Freiheit offenkundig. Wer in Lohnknechtschaft leben musste, konnte eben nicht wählen, ob er seine ausbeuterische Arbeit verläßt, denn das wäre mit seinem Tod und dem Tod seiner Familie sanktioniert gewesen. Ergo war er eben NICHT frei.

VOLLSTÄNDIGE Freiheit würde implizieren, GAR NICHT eingeschränkt zu sein.

Diesen Grad der Freiheit kann ich jedoch in einer Gesellschaft egal unter welchen Bedingungen, wie oben erklärt, nicht erreichen.

Dein Fehler besteht darin, dass du Beschränkungen des Systems anders wertest als Beschränkungen direkt von anderen Individuen. Das ist nur im Rahmen einer staatlichen Bewertung vertretbar, nicht aber auf der Grundebene der Freiheitsdebatte. Falls die obigen Ausführungen noch nicht reichen, erkläre ich dir den Fehler gerne näher.


Soll heißen:
Wie theoretisch, praktisch unmöglich und utopisch der vollendete Liberalismus auch sein mag, durch ihn gelangt das Individuum an wahre Freiheit.

Wie schon geschrieben, eben nicht.

Ja. Der mensch ist ein soziales Wesen, jedoch nicht immer ein sozial handelndes Wesen.

Diese Unterscheidung ist irrelevant, da der Mensch prinzipiell sozial veranlagt ist. Ausnahmen - entweder einzelne "asoziale" Handlungen oder einzelne, psychotische unsoziale Individuen - ändern nichts am Befund.

Damals wie heute werden Ressourcenkriege geführt, und damals wie heute kommen dabei viele Menschen um.

Ja und Nö.

Hierzu warte ich eine Antwort von - in der Reihenfolge - Orestikion, Karl. oder Friedrich. ab, die können das schneller erklären, auch wenn sie es warscheinlich genauso leid sind wie ich ;)

Hier passt dein Beispiel mit der Oma im übertragenen Sinne ganz gut. Die großen Länder (damals mehr als heute, da zum Glück vermehrt Friedenspolitik betrieben wird) maschieren in kleinere, schwächere Länder ein ("Oma") um an deren Ressourcen zu gelangen ("Geld")

Es gibt zwischen Staaten und Individuen gewaltige Unterschiede. Aber du hast auf die Frage aus dem Beispiel nicht geantwortet:

WAS HINDERT DICH, diese Omas zu überfallen?

Wie gesagt, es ist nur ein Gedanke. Ich will damit jetzt keines Wegs Aanarchie oder ähnliches lobpreisen oder sagen, dass das unsere Zukunft sein soll. Bin recht zufrieden mit unserer Staatsform :)

Definiere "recht zufrieden".
 

Fritz von Farm

Gast
Vielleicht sollte man sich bei dieser Diskussion einmal grundsätzlich wie Kuldigar davon lösen, Liberalismus an einer Partei festzumachen gedanklich bzw an dem was der Begriff meint im Vergleich zu dem, was die Partei tut, die sich dieses Attribut auf die Fahnen schreibt.
In der CDU sind genausowenig "christliche" Dinge relevant, wie in der FDP liberale. Die FDP ist nichts weiter als Klientelklüngel auf "Mittelstandsebene" genauso wie die CDU nichts anderes ist nur auf höherer Ebene.
Aber das alles hat nichts zu tun mit dem Grundgedanken des Liberalismus oder dem Christentum.

Ich beziehe mich dabei in der Hauptsache auf den Anfang der Diskussion.
 
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Indie Fresse

Gast
Freiheit kann nicht allein sein, tun zu können, was einem beliebt.

Natürlich kann es das sein. Das heißt dann wiederum, dass andere deswegen unfrei sind(werden), aber ökonomische Freiheit setzt die Konkurrenz ja erst richtig in Gang, natürlich wird sie verloren, sobald man aus der Konkurrenz ausscheidet, als Lohnabhängiger ist sie sowieso nicht/kaum gegeben.
Wenn wir den Liberalismus deiner Sicht betrachten, müsste er im absoluten Widerspruch zum Kapitalismus sein, da "Freiheit" im tatsächlichen, ökonomischen Prozess nur als Abstraktion besteht, ansonsten als Ideal in den Köpfen der Menschen. Sag es mir, wenn ich mich irre.

"Freiheit" im Zusammenhang mit Kapitalismus ist meistens eine Abstraktion, und deswegen ist der Begriff auch so gefährlich.

Real praktizierter ökonomischer Liberalismus (und seien wir ehrlich, auch wenn du dich davon distanzierst, und wir eigentlich ähnlicher Meinung sind: einfach die meisten die sich als "liberal" sehen, vertreten tatsächlich den beschriebenen 'Liberalismus') ist nichts anderes als Ideologie, darum abzulehnen.
 

Kuldigar

Gast
Natürlich kann es das sein. Das heißt dann wiederum, dass andere deswegen unfrei sind(werden), aber ökonomische Freiheit setzt die Konkurrenz ja erst richtig in Gang, natürlich wird sie verloren, sobald man aus der Konkurrenz ausscheidet, als Lohnabhängiger ist sie sowieso nicht/kaum gegeben.

Um es etwas zutreffender auszudrücken:
Ein richtig verstandener Freiheitsbegriff kann so nicht aussehen, da er keine echte Entfaltungsmöglichkeit beinhaltet.

Wenn wir den Liberalismus deiner Sicht betrachten, müsste er im absoluten Widerspruch zum Kapitalismus sein, da "Freiheit" im tatsächlichen, ökonomischen Prozess nur als Abstraktion besteht, ansonsten als Ideal in den Köpfen der Menschen. Sag es mir, wenn ich mich irre.

Du irrst dich insoweit nicht, als der Kapitalismus der Zielsetzung des Liberalismus entgegenstehen kann. Ob dies tatsächlich der Fall ist, obliegt einer Analyse, für die der Liberalismus allein nicht die MITTEL zur Verfügung stellt.

Dies kann der historische Materialismus, die Sozialdemokratie oder irgendeine andere wirtschaftsbezogene Theorie womöglich leisten. Liberalismus selbst ist nach meinem Begriff mehr eine zugrundeliegende Zielrichtung, was genau zu erreichen ist.

Natürlich kann man einen Liberalismus vertreten, der das private Eigentum als Ergebnis des persönlichen Zeit und Energieaufwands als aus der Natur gewonnenem persönlichem Recht begreift. Diese Form des Liberalismus kann dann nicht auf eine letztlich kapitalistische ("Teilkapitalismus" ist eine Illusion) verzichten. Doch ist das eine bestimmte AUSLEGUNG des Liberalismus und nicht "der" Liberalismus schlechthin.


"Freiheit" im Zusammenhang mit Kapitalismus ist meistens eine Abstraktion, und deswegen ist der Begriff auch so gefährlich.

Real praktizierter ökonomischer Liberalismus (und seien wir ehrlich, auch wenn du dich davon distanzierst, und wir eigentlich ähnlicher Meinung sind: einfach die meisten die sich als "liberal" sehen, vertreten tatsächlich den beschriebenen 'Liberalismus') ist nichts anderes als Ideologie, darum abzulehnen.

Ob sie abzulehnen ist, will ich nicht abschließend beurteilen, aber die wirtschaftsliberale Ideologie krankt an Widersprüchen, die aus den Widersprüchlichkeiten des Kapitalismus folgen. Man könnte sagen:

Liberalismus ist dem Kapitalismus per se fremd, da er den Teil des Liberalismus, der sich mit der individuellen Freiheit beschäftigt beseitigen muss, um zu seiner Vollenedung zu gelangen. Der wirtschaftliche Liberalismus will sich nun aber gerade des Kapitalismus bedienen, um seine Ziele zu erreichen, so dass der Wirtschaftsliberale letztlich das System benutzen will, um seine Ziele zu erreichen, welches seine Ziele aber eigentlich ausschließt.

Dies ist allerdings eine spezifische Perspektive die man nicht teilen muss.
 

Friedrich.

Gast
Ich glaube, hier liegt ein eklatantes Mißverständnis, was "Freiheit" überhaupt sein könnte, vor. Erst mal ein paar IMHO typische Zitate aus der Diskussion:

Liberalismus bezeichnet die politische bzw. weltanschauliche Einstellung, dass individuelle Freiheit den zentralen Wert in einer Gesellschaftsordnung darstellt und diese einen möglichst hohen Grad individueller Freiheit gewährleisten soll.

[...]

Liberalismus heißt, dass das Individuum den Grad an Freiheit erhalten soll, der möglich ist, ohne dass die anderen Individuen dadurch in ihrer Freiheit eingeschränkt werden.

Ich weiß, dass Wikipedia nicht unbedingt die beste Quelle ist, dennoch: hier die Freiheitsdefinition nach Wikipedia:

Freiheit (lateinisch libertas) wird in der Regel verstanden als die Möglichkeit, ohne Zwang zwischen verschiedenen Möglichkeiten auswählen und entscheiden zu können. Der Begriff benennt allgemein einen Zustand der Autonomie eines handelnden Subjekts.

Sehr richtig wird bemerkt, daß die Bewertung des Liberalismus wohl vom zugrundegelegten Freiheitsbegriff abhängig ist. Untersuchen wir also diese Definition, die von MJDB zitiert und von Kuldigar als "in Ordnung" befunden wurde:

Es wurde in der Diskussion bereits festgestellt, daß "Freiheit" nicht gut die Möglichkeit sein kann, alles zu tun, was einem in den Sinn kommt. Abgesehen von den gesellschaftlichen Implikationen, die bereits angeführt wurden, verkennt eine solche Definition die historische Vermitteltheit des Bewußtseins: es kann einem nur in den Sinn kommen, was einem durch das eigene Erleben bedingt überhaupt in den Sinn kommen kann. Um es mit den Worten Schopenhauers auszudrücken: Man kann zwar tun, was man will, aber man kann nicht wollen, was man will.

Wenn wir also sämtliche "unsinnigen" (das heißt: zu Widersprüchen führenden) Äußerungen einer hypothetischen, quasi "totalen" Freiheit ausschließen wollen und eine Definition anstreben, die diese Widersprüche vermeidet, so landen wir früher oder später bei Hegels Definition: Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit. (Grundlinien einer Philosophie des Rechts)

Kommen wir nun zum Haupteinwand gegen den Liberalismus: Freiheit ist immer eine Klassenfrage, denn die Freiheit der Entscheidung setzt auch die Möglichkeit voraus, eine Entscheidung zu treffen. Mit dem bürgerlichen Begriff der "Pressefreiheit" beispielsweise wird lediglich verschleiert, daß die einen die Mittel haben, sich die veröffentlichte Meinung zu kaufen, die anderen aber nicht. Die "Freiheit, zu sagen was man will" ist solange bedeutungslos, als der eine gehört wird, wenn er was sagt und der andere eben nicht. Natürlich hat in unserer "Freiheitlich-Demokratischen Grundordnung" jeder das Recht, seine - ähem - "Version der Wirklichkeit" in derselben Auflage zu verbreiten wie Axel Springer mit der BILD-Zeitung. Warum tut's bloß nicht jeder?

Jeder hat auch das Recht, stinkreich zu sein, in Saus und Braus zu leben, andere auszubeuten, indem er seinen Lebensunterhalt mit Aktienspekulation verdient (und im Problemfall vom Staat mit ein paar Milliarden weich aufgefangen wird), etc., etc.. Die Frage erhebt sich, warum das nicht jeder macht? Jeder hat auch das Recht, zu studieren, sofern er sich die Studiengebühren leisten kann bzw. in der Lage ist,

Solange also grundsätzliche Ungleichheiten systematisch dafür sorgen, daß die Menschen eben nicht gleichberechtigt sind, solange ist das gerede über "Freiheit" reichlich inhaltsleer und müßig. Natürlich kann man darüber lange (und fruchtlos) diskutieren, ob, wenn irgendwann diese Ungleichheit überwunden wäre, könnte, möge, sollte, hätte ... Allein, Philosophie im Konjunktiv zu betreiben, ist wie sich um die Haarfarbe Gottes zu streiten.

Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert - es kömmt drauf an, sie zu verändern
(Karl Marx, Thesen über Feuerbach)

Friedrich.
 

Karl.

Gast
Solange also grundsätzliche Ungleichheiten systematisch dafür sorgen, daß die Menschen eben nicht gleichberechtigt sind, solange ist das gerede über "Freiheit" reichlich inhaltsleer und müßig. Natürlich kann man darüber lange (und fruchtlos) diskutieren, ob, wenn irgendwann diese Ungleichheit überwunden wäre, könnte, möge, sollte, hätte ... Allein, Philosophie im Konjunktiv zu betreiben, ist wie sich um die Haarfarbe Gottes zu streiten.

Bis hier her kann ich den Post nur unterschreiben - aber hier wirds falsch.

Du tust so, als wäre die Freiheit eigentlich was tolles. Sie sei eben nichts wert, weil die Freien nicht gleichberechtigt, ungleich wären - und das ist ein eklatanter Fehler. Ich und der Industrielle vom Nobelviertel sind ja gleichberechtigt. Mir bringt das Recht, Geld in irgendwas reinzuinvestieren nur reichlich wenig, das hast du ja richtig erkannt. Trotzdem haben wir beide die gleichen rechte - sind eben vor dem Gesetz gleich.

Der Kapitalismus ist eine Gesellschaft der Freien und Gleichen. Das sind keine Ideale, die es noch zu erreichen gilt - nein, das sind reale, rechtliche Gegebenheiten. Ohne Freiheit würde die kapitalistische Konkurrenz gar nicht funktionieren, man hätte dann wohl sowas wie den sowjetischen Staatskapitalismus. Es gibt meist ein grobes Missverständnis, was Freiheit eigentlich ist. Freiheit ist nämlich nicht die Abwesenheit von Herrschaft, sondern ein umfassend rechtlich geregeltes Leben, das aus Lizenzen, Rechten und Pflichten und dergleichen mehr besteht. Die Freiheit ist damit die adäquate Rechtsform kapitalistischer Konkurrenz, denn das Privateigentum braucht die Freiheit - sonst wäre es nicht privat. Freiheit bedeutet, über die Mittel, die einem zur Verfügung stehen - also sein Eigentum, seine Arbeitskraft -, frei verfügen zu können. Die Konkurrenz würde nicht funktionieren, würde der Staat seinen Leuten befehlen, was sie mit ihrem Privateigentum machen (obwohl er ihnen mit der Freiheit letztlich aufzwingt, soviel wie möglich für sich rauszuholen). Insofern ist Freiheit nichts anderes als die Rechtsform des Privateigentums.
Und auch die Gleichheit ist mehr als nur ein Ideal. Die Freiheit/Konkurrenz würde ja nicht glatt laufen, hätten die einen mehr Rechte als die anderen. Also schafft der Staat eine juristische Gleichheit seiner Bürger, was freilich nicht bedeutet, dass seine Bürger darum alle gleich sind - es wird von ihren Besonderheiten abstrahiert. Aber Gleichheit ist immer eine Abstraktion. Wenn einer rote Haare hat und einer blonde, und ich sage, die sind
gleich, abstrahiere ich zumindest schonmal von ihrer Haarfarbe.
Und damit ist schon klar, was diese Gleichheit letztlich wert ist: nichts. Denn gerade dass der Staat Ungleiche gleich behandelt, hält die Ungleichheit aufrecht. Die abstrakte Gleichheit produziert die konkrete Ungleichheit.

Von diesem Standpunkte aus muss die Freiheit natürlich kritisiert werden. Sie bringt uns nämlich nur Schlechtes: Armut, Umweltzerstörung, keine Zeit, !§#$%&? im Essen, Produkte, die nach der Ablaufzeit kaputt werden, etc.
Freiheit steht einer gemeinsam vernünftig geplanten Produktion im Wege.


Übrigens: das und nichts anderes ist die wirkliche Freiheit. Ständige Relativierungen wie sie zB von Kuldigar geäußert werden (man kann das so sehen, muss aber nicht) bringen uns nicht weiter, sondern zu einem unsachlichen Freiheitistdaswassichjederdruntervorstellt Wischiwaschi.

Angemerkt sei noch, dass eine Kritik der Freiheit gar nicht das Gleiche ist, wie irgendwelche Repressionsapparate zu fordern (im Gegenteil: eben ein solcher Apparat schafft erst die Freiheit!).
 
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Fritz von Farm

Gast
Alles gut und richtig, aber:

Da stellt sich mir hier gerade die Frage, warum ich in den letzten Beiträgen im direkten Zusammenhang den Begriff "Freiheit" an Besitz und Eigentum, Luxus und Armut maßgenommen lese, was mich ehrlich gesagt ein wenig irritiert.

Freiheit, was ICH darunter verstehe, funktioniert doch auch gänzlich von derlei materiellen Dingen unabhängig, oder hab ich da was verpaßt?

Okay, ist schon spät und ich bin müde. Vielleicht hab ich auch grad nur beim Lesen bissel Salat im Kopf gehabt.
 
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Fritz von Farm

Gast
Nichts funktioniert unabhängig von "materiellen Dingen".

Nicht in unserer Gesellschaftsform, richtig.
Aber hat Besitz wirklich was mit FREIHEIT zu tun? DAS wag ich zu bezweifeln.

Ist es nicht eher so, daß Besitz eher Zwang zur Folge hat als Freiheit?
 
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Friedrich.

Gast
Bis hier her kann ich den Post nur unterschreiben - aber hier wirds falsch.

Hmmm. Da danach nur noch ein Zitat von Karl Marx kam, frage ich mich, was du daran kritisieren willst.

Du tust so, als wäre die Freiheit eigentlich was tolles. Sie sei eben nichts wert, weil die Freien nicht gleichberechtigt, ungleich wären - und das ist ein eklatanter Fehler.

Das ist schlicht falsch, denn das habe ich nicht geschrieben. Ich habe vielmehr den bürgerlichen Begriff von Freiheit kritisiert und klargestellt, daß eine Freiheit, die dieser Definition folgt (und die tatsächlich schon verwirklicht ist), schon eo ipso nichts wert sein kann.

Der Kapitalismus ist eine Gesellschaft der Freien und Gleichen. Das sind keine Ideale, die es noch zu erreichen gilt - nein, das sind reale, rechtliche Gegebenheiten. Ohne Freiheit würde die kapitalistische Konkurrenz gar nicht funktionieren, man hätte dann wohl sowas wie den sowjetischen Staatskapitalismus.

Der Kapitalismus ist eine Gesellschaft der Freien nur dann, wenn man den bürgerlichen Begriff der Freiheit, den ich oben kritisiert habe, zugrundelegt - und selbst dann ist er keine Gesellschaft der Gleichen, weil Klassenwidersprüche immanenter, notwendiger Bestandteil des kapitalistischen Systems sein müssen. Einen Kapitalismus ohne die Teilung der Gesellschaft in Ausbeuter und Ausgebeutete, in Proletarier und Kapitalisten, gibt es einfach nicht - nicht mal in der Theorie.

Daß Kapitalismus ohne Freiheit nicht funktionieren würde, ist ebenfalls nur bedingt richtig. Bei klassischem Kapitalismus mag das so sein, im staatsmonopolistischen Kapitalismus, wie er im Moment herrscht, ist das keineswegs so. Im Gegenteil beruht dieses System wesentlich darauf, daß etwa Konkurrenten vom Markt ferngehalten werden. Was glaubst du denn, warum es dieses ganze System des Lobbying und der Brüsseler Entourage von Hofschranzen gibt? Warum, glaubst du, werden zB. systematisch innerhalb der EU Sortenbeschränkungen für alle möglichen Anbauprodukte (Weizen, Gerste, Kartoffeln, Mais, etc.) erlassen und die noch erlaubten Sorten sind - ausschließlich Hybridsorten, die von einem Agrarriesen (in den meisten Fällen Monsanto) patentiert sind! Das bedeutet nämlich im Klartext: die EU als gesetzgeberische Körperschaft verbietet (bzw., was aufs selbe hinausläuft: erschwert) Bauern, was anderes anzubauen als das, was sich ein Agrarkonzern hat patentieren lassen. So funktioniert staatsmonopolistischer Kapitalismus. Ich empfehle dazu die Lektüre von "Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus" (W. I. Lenin) bzw. "Die Akkumulation des Kapitals" (Rosa Luxenburg).


Die Freiheit ist damit die adäquate Rechtsform kapitalistischer Konkurrenz, denn das Privateigentum braucht die Freiheit - sonst wäre es nicht privat. Freiheit bedeutet, über die Mittel, die einem zur Verfügung stehen - also sein Eigentum, seine Arbeitskraft -, frei verfügen zu können.

Damit legst du einen bürgerlichen Freiheitsbegriff zugrunde und tust so, als wäre der absolut. Das ist er nicht und der bürgerliche Begriff von Freiheit und der revolutionäre Begriff von Freiheit unterscheiden sich erheblich voneinander. Auf einen Teil dieser Unterschiede gehst Du weiter unten sogar ein (ohne es allerdings an dieser Begriffsunterscheidung festzumachen, sodaß deine Argumentation reichlich substanzlos wirkt).

Davon abgesehen ist eben das nicht (mehr) ganz richtig. Als nämlich der Akkumulationsprozeß des Kapitals weit genug fortgeschritten war um die direkte Einflußnahme auf staatliche Organe in größerem Rahmen zu ermöglichen, da wurde dieser Einfluß auch geltend gemacht und damit der rechtliche Rahmen, innerhalb dessen sich die Produzenten austauschen, nachhaltig verändert. Zum Beispiel: Warum, glaubst du, gibt es in der EU zwar Vorschriften und Richtlinien für alles mögliche, bis hin zum gesetzlich geregelten maximalen Krümmungsradius von Salatgurken - aber keine einzige Sozialvorschrift? Warum hat das EU-Parlament - statt eines richtigen Mindestlohns - beschlossen, daß jeder nur mindestens soviel verdienen muß, wie in seinem Heimatland vorgeschrieben - unabhängig davon, wo er wirklich arbeitet? Ein polnischer Facharbeiter, der in Deutschland arbeitet, muß auch in Deutschland nur mit dem polnischen Mindestlohn bezahlt werden, nicht aber mit dem - deutlich höheren - deutschen Mindestlohn. Könnte es vielleicht sein, daß die Ungleichheit, daß Deutsche im Durchschnitt etwa 10mal soviel verdienen wie Rumänen (und andererseits sich die Deutschen aber keineswegs dafür 10mal soviel kaufen können) vielleicht beabsichtigt ist?

Warum, glaubst du, hat man zwar Phillip Holzmann mit mehreren hundert Millionen Staatsgeld rausgehauen und die Banken letztes Jahr reichlich beschenkt und die Commerzbank-Aktionäre für 25% ihrer am Markt insgesamt 4 Milliarden werten Bank mit 18 Milliarden horrend überbezahlt - aber für Leute, die wirklich in Not sind, ist kein Geld da, siehe etwa die unselige Hartz-IV-Diskussion des Oberliberalen Westerwelle? Warum wird es "der freie Markt schon regeln", aber nur so lange, bis es eine "systemwichtige" Bank wie Hypo Real Estate betrifft - dann sind auf einmal mehrere -zig Milliarden kein Problem mehr, damit es der Markt eben nicht regelt? Könnte es etwa sein, daß hier die Verflechtungen von Finanzkapital und (obersten Kreisen der) Politik offen zutage treten?

Als die schwarzen Kassen der CDU publik wurden und Kohl sein "Ehrenwort" geltend machte (und, weil die CDU trotz "Ehrenworts" zu einer ohnehin mehr symbolischen Strafe verurteilt wurde, prompt binnen einer Woche gleich noch ein paar Millionen als Ersatz sammelte) - da hätte man sich auch mal die Frage stellen können, warum jemand einer Partei eine Spende in Millionenhöhe überhaupt gibt. Sowas macht man doch nur, weil man sich auch eine entsprechende Rendite ausrechnet und damit rechnet, daß das Geld mit Zins und Zinseszins zurückkommt, in Form von wahrgenommenen Interessen, etc..

Als Franz Josef Strauß starb, da war der Mann 100 Mio DM schwer. Keine Frage, daß der - schließlich war er Lehrer - fleißig und sparsam, wie so ein Lehrer nun mal ist, Mark für Mark beiseite gelegt hat, bis die 100 Mio voll waren, nicht? Der hatte so dicke Arme wohl nur vom Beiseitelegen. Wohlgemerkt: ich sage nicht, daß der geschmiert war, denn den Prozeß könnte ich mir nicht leisten - ich kriege ja kein Geld von Lockheed.

Friedrich.
 
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Orestikon

Gast
Nicht in unserer Gesellschaftsform, richtig.

"Materielle Dinge" sind in jeder Gesellschaftsform maßgeblich. :)
Selbst in einer Theokratie oder in anderen Gesellschaftsformen mit transzendenten Grundsätzen bildet die Materie immernoch das, was das Denken an etwas transzendentes erst möglich macht. Ohne Hirn kein Gott.
 

Karl.

Gast
Hmmm. Da danach nur noch ein Zitat von Karl Marx kam, frage ich mich, was du daran kritisieren willst.

Das steht wohl etwas missverständlich da, mein Posting bezog sich auf das Zitierte, nicht mehr auf das Zitat.

Das ist schlicht falsch, denn das habe ich nicht geschrieben. Ich habe vielmehr den bürgerlichen Begriff von Freiheit kritisiert und klargestellt, daß eine Freiheit, die dieser Definition folgt (und die tatsächlich schon verwirklicht ist), schon eo ipso nichts wert sein kann.
Das ist nicht der bürgerliche Begriff von Freiheit, sondern das und nichts anderes ist Freiheit. Die absolute Freiheit des einen bedeutet immer
die absolute Unfreiheit der anderer, weshalb Freiheit der Logik folgend immer beschränkte Freiheit ist. Um die Freiheit zu beschränken bedarf es eienr Gewalt, die dazu auch im Stande ist - den bürgerlichen Staat.

Darum kann Freiheit gar nichts anderes sein als die Lizenz einer Herrschaft, seinen Eigeninteressen nachzugehen - bis zu einem bestimmten Grad, versteht sich.

Der Kapitalismus ist eine Gesellschaft der Freien nur dann, wenn man den bürgerlichen Begriff der Freiheit, den ich oben kritisiert habe, zugrundelegt - und selbst dann ist er keine Gesellschaft der Gleichen, weil Klassenwidersprüche immanenter, notwendiger Bestandteil des kapitalistischen Systems sein müssen. Einen Kapitalismus ohne die Teilung der Gesellschaft in Ausbeuter und Ausgebeutete, in Proletarier und Kapitalisten, gibt es einfach nicht - nicht mal in der Theorie.
Das habe ich auch nicht behauptet. Die bürgerliche Gleichheit zeichnet sich aber gerade dadurch aus, dass sie von der Ungleichheit der Staatsbürgr abstrahiert, d.h. die Ungleichen gleich behandelt: weder der Großindustrielle, noch der Bettler dürfen koksen, beide dürfen sich ne Yacht kaufen. Dass das Recht auf die Yacht nur für einen der beiden einen Nutzen hat, ändert daran nichts.
Darum ist die bürgerliche Gesellschaft eine Gesellschaft der Gleichen.

Daß Kapitalismus ohne Freiheit nicht funktionieren würde, ist ebenfalls nur bedingt richtig. Bei klassischem Kapitalismus mag das so sein,
Das habe ich auch geschrieben: der Staatskapitalismus der SU kam recht gut ohne Freiheit aus.

im staatsmonopolistischen Kapitalismus, wie er im Moment herrscht, ist das keineswegs so.
Es herrscht aber gar kein Stamokap. Der Staat ist nicht mit Privatinteressen verschmolzen, sondern existiert weiterhin abstrakt von der Konkurrenz. Gerade das macht ihn ja aus: dass der die Konkurrenz in Gang setzt und aufrechterhält.

Die empfohlenen Bücher stehen bei mir gelesen im Regal, war nicht wirklich berauschend. Im Gegensatz dazu empfehle ich dir einen etwas aufgeklärteren Marxismus: "Der bürgerliche Staat" vom GegenStandpunktverlag.
Könnte es vielleicht sein, daß die Ungleichheit, daß Deutsche im Durchschnitt etwa 10mal soviel verdienen wie Rumänen (und andererseits sich die Deutschen aber keineswegs dafür 10mal soviel kaufen können) vielleicht beabsichtigt ist?
Klar ist das beabsichtigt. Und?

Könnte es etwa sein, daß hier die Verflechtungen von Finanzkapital und (obersten Kreisen der) Politik offen zutage treten?
Klar besteht zwischen der Akkumulation des Kapitals und dem Gedeihen des Staats ein sachlicher Zusammenhang. Schließlich hängt vom Erfolg der Konkurrenz im inneren der Erfolg der Nation in der Staatenkonkurrenz ab.
Wieso du das ausgerechnet am Finanzkapital festmachst ist mir jedoch ein Rätsel.


Nicht in unserer Gesellschaftsform, richtig.
Nein, materielle Dinge sind in JEDER GEsellschaftsform wichtig, alleine aus dem Grund, dass wir nunmal aus Materie bestehen. Genauso unser Essen, unsre Kleidung, ...
Aber hat Besitz wirklich was mit FREIHEIT zu tun? DAS wag ich zu bezweifeln.

Ist es nicht eher so, daß Besitz eher Zwang zur Folge hat als Freiheit?
Wo liegt der Widerspruch? Zwang ist etwas, das zur Freiheit untrennbar dazugehört. Hab ich doch geschrieben.
 
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Friedrich.

Gast
Das ist nicht der bürgerliche Begriff von Freiheit, sondern das und nichts anderes ist Freiheit.

Das ist lächerlich: "Freiheit" ist zunächst ein Wort und wir alle sind frei, es zu definieren, wie immer wir wollen. Ich unterscheide in meiner Definition zwischen einer "bürgerlichen Definition von Freiheit" und einer "revolutionären definition von Freiheit" und das einzige, was du dagegen einwenden kannst, wäre, daß eine solche Unterscheidung nicht zweckdienlich für den Erkenntnisgewinn sei. Dafür hast du bisher lediglich ein paar Behauptungen gebracht, aber keinerlei Argument. Du kannst, wenn du den Begriff "Freiheit" definierst, gerne eine andere Definition als ich verwenden. Du solltest lediglich klarlegen, worin der Vorteil deiner Definition gegenüber meiner besteht, genauso wie ich Argumente dafür gebracht habe, warum ich Freiheit so und nicht anders definiert habe.

Zu behaupten - noch dazu ohne angabe von Gründen - deine Definition sei die absolute und einzig richtige, ist etwas präpotent, findest du nicht?

Es herrscht aber gar kein Stamokap. Der Staat ist nicht mit Privatinteressen verschmolzen, sondern existiert weiterhin abstrakt von der Konkurrenz. Gerade das macht ihn ja aus: dass der die Konkurrenz in Gang setzt und aufrechterhält.

Die empfohlenen Bücher stehen bei mir gelesen im Regal, war nicht wirklich berauschend. Im Gegensatz dazu empfehle ich dir einen etwas aufgeklärteren Marxismus: "Der bürgerliche Staat" vom GegenStandpunktverlag.

Es herrscht aber doch Stamokap. Dein empfohlenes Buch steht bei mir gelesen im Regal, war nicht wirklich berauschend. Aufgeklärt bin ich übrigens auch.

Merkst du was? Irgendwas einfach behaupten, ohne auch nur den Versuch eines Beweises anzutreten, kann ich auch, Deine Quellen 'runtermachen gelingt mir ebenfalls. Willst du diskutieren, oder willst du darstellen, wie gescheit du bist und was du schon alles verworfen hast? Falls Letzteres: viel Spaß, aber in dem Fall wirst du auf mich als Publikum verzichten müssen, dafür ist mir meine Zeit zu schade.

Friedrich.
 
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