Ein Kollege von mir hat es neulich auf den Punkt gebracht: Der Einstieg ist den Neulingen so weit erleichtert worden (kürzere Bauzeiten, Tutorial, Inselquests), dass sie in den ersten Tagen praktisch durch Nebensächlichkeiten "vollbeschäftigt" sind, keine Zeit dafür haben, sich mit dem Kampfsystem vertraut zu machen, aber wegen der Beschleunigung des Ausbaus praktisch bereits als mögliche Eroberungsziele aus dem Anfängerschutz kommen. Je nach Umgebung sind sie schneller wieder weg, als sie "Wiki" sagen (oder es finden) können.
Dazu kamen die teilweise verzweifelt anmutenden Rekrutierungsversuche neuer Spieler in oder über andere Spiele, die beim besten Willen nicht ins Genre der Kriegsspiele fallen, und Spieler ins Spiel gebracht haben, deren Erwartungshaltung Grepolis unmöglich erfüllen kann, und wenn man es mit noch so viel buntem Ballast befrachtet und 12-stündige Nachtboni anbietet. Gleichzeitig hat man sehr bewusst das Spiel von den Wünschen und Bedürfnissen der alten Stammspielerschaft wegentwickelt, deren soziale Bindungen und Kontakte samt positiver Mundpropaganda eigentlich den stabilen Kern und die wirkungsvollste Neuspieler-Acquise ausgemacht hatten.
Ich sehe das Phänomen nun ja wirklich nicht zum ersten Mal. Da rennt man Marktforschungsprognosen und Analysen hinterher und versucht, all das, was sich Zielgruppen von einem "modernen" Spiel angeblich wünschen, einem Produkt nachträglich aufzupropfen, dessen ursprünglichen Charakter man damit verwässert, merkt irgendwann, dass das Ergebnis nun niemandem mehr richtig gefällt - weder den umworbenen "Neuen", noch den vergrätzten "Alten" - und meint dann, den Rückgang aktiver Spieler durch das extensivere Melken der verbliebenen auffangen zu müssen. Denn die Gehälter müssen weiterhin gezahlt werden, und neue Projekte müssen - bei überschaubarem Portfolio - von den eingeführten Spielen eben auf Biegen und Brechen mitfinanziert werden.
Duhbe hat natürlich Recht mit der Aussage, dass mit einer Produktalterung oft auch ein allmählicher Spielerrückgang verbunden ist. Den eigentlichen Niedergang von Browsergames dieses Genres habe ich aber bislang immer von plötzlichen "Entwicklungsoffensiven" eingeläutet gesehen, die sich nicht an den Wünschen der Stammspieler, sondern an den angeblichen Wünschen von anonymen "Zielgruppen" orientierten. Wenn Stammspieler abwandern, ziehen sie immer auch einen Teil ihres sozialen "Ingame-Umfeldes" mit sich. Sehr gut zu sehen war das 2011, als Travian von Version T3.6 auf die gruselige "Malbuch"- und "Anziehpuppenhelden"-Version T4 umstellte, und nach dem Auslaufen der jeweiligen T3.6-Welten eine Massenabwanderung zu Grepolis und anderen ähnlichen Spielen einsetzte.
Anbieter gut eingeführter Spiele sollten ihren Spielerstamm hegen und pflegen und auf die geäußerten Bedürfnisse eingehen. Ein Jahr lang hat man gebraucht, um die Donnerbalkenkatastrophe und vor allem die dadurch verursachte Handling-Probleme bei den Fenstern zu beheben, die bis hin zu 17"-Monitoren die Spielbarkeit einschränkten. Monatelang schaute man tatenlos zu, wie die Schnupperfunktion der App Welt um Welt mit Gastaccounts überschwemmte und neue Spieler (und etliche alte) in die Flucht schlug. Inselquests, Helden, Monster-Tutorium, Blinkedinger an allen Ecken und Events, Events, Events... und ein neuer Donnerbalken, der erneut die Fenster auf 15"ern oben an der Schnellzugriffsleiste kleben lässt. Aktualisierungsprobleme ohne Ende seit Einführung des neuen UI, das ganz offensichtlich nicht synchron läuft zu anderen Spielelementen. Grepolis ist mit seinen gerade mal 5 Jahren viel zu jung für einen so massiven Spielerverlust wie wir ihn hier sehen, und dieser ist durch die ausgesessenen Probleme eindeutig hausgemacht. Und er wäre noch viel deutlicher ausgefallen, wenn es die User-Skripte nicht gäbe, die so manche Fehlentwicklung aufgefangen oder zumindest erträglicher gemacht haben.