Es wurde anscheinend überlesen, dass es sich nicht um ein fremdsprachliches Unterrichtsangebot an den Grundschulen handelt, sondern sich an Kinder richtet, deren Muttersprache Arabisch ist. Ähnliche Angebote gibt es auch für Kinder anderer größerer Migrantengruppen, also zum Beispiel auch für türkische Kinder. Im Falle des verlinkten Artikels geht es also mehr oder weniger darum, dass Kinder aus arabisch-sprachigen Familien das Lesen und sichere Schreiben der arabischen Schrift erlernen. Wenn man bedenkt, dass die Familien jener Kinder oft genug noch in offenen Asylverfahren stecken oder als "Geduldete" früher oder später mit der Abschiebung rechnen müssen, viele von ihnen sogar darauf hoffen, in ihre Heimatländer zurückkehren zu können, wenn sich die Lage dort beruhigt, wird noch einmal deutlicher, weshalb solcher muttersprachlicher Unterricht so ungemein wichtig ist, und auch gerade jenen kein Dorn im Auge sein kann und darf, die Flüchtlinge aus dem arabischen Raum so schnell wie möglich wieder loswerden möchten.
In den Heimatländern nützt es den betroffenen Kindern und Jugendlichen nicht viel, wenn sie jahrelangen Deutschunterricht vorweisen können, aber in ihrer eigenen Schrift und Muttersprache als Analphabeten gelten müssen. Wer also möchte, dass Flüchtlinge wieder in ihre Heimatländer zurückkehren, muss eigentlich Maßnahmen begrüßen, die dafür sorgen, dass sie in ihren Heimatländern auch eine Zukunft haben.
Stattdessen befeuern solche Überschriften wie "Arabisch an deutschen Schulen", wenn sie unreflektiert und ohne Hintergrundwissen die Runde machen, natürlich die ohnehin schon von diversen politischen Strömungen hochgeschaukelten Überfremdungsängste. Das zweite Posting dieses Threads zeigt recht gut, was Leuten, die nur solche Überschriften lesen oder Schlagworte hören, im Kopf herumgeistern kann.
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Aber auch wenn die Migranten in Deutschland bleiben, ist für sie muttersprachlicher Unterricht von großem Vorteil, wo immer das möglich ist. Ich bin während meiner eigenen Schul- und Studienzeit sehr oft Kindern/Jugendlichen/Erwachsenen mit "Migrationshintergrund" begegnet, die sich zwar mündlich flüssig in ihrer Muttersprache (oder Dialekten ihrer Muttersprache) ausdrücken konnten, da diese innerhalb der Familien ganz selbstverständlich gesprochen wurden, aber nicht in der Lage waren, sich in dieser ihrer Muttersprache (in deren Hochform) orthografisch und grammatikalisch korrekt auszudrücken, da sie niemals entsprechenden Schulunterricht genossen hatten. Als ich nach dem Studium berufsbegleitend noch eine Zusatzausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin für Englisch und Spanisch absolvierte, waren es ausgerechnet die englisch-sprachigen und spanischen Kommilitonen, die in schriftlichen Prüfungen mit den meisten Problemen zu kämpfen hatten. Und zwar nicht etwa im Deutschen, sondern in ihrer eigenen Muttersprache, die sie so sicher zu beherrschen glaubten, dass sie sich ihr nicht wie einer Fremdsprache nähern zu müssen glaubten, in der man Vokabeln und Phrasen, Rechtschreibung und Grammatik pauken muss.
Wenn dies schon bei den Europäern so ist, deren Mehrheit doch immerhin auf eine gemeinsame Schrift und einen gemeinsamen kulturellen Hintergrund zurückgreifen kann, kann man sich recht gut vorstellen, wie schwierig die Situation für jene ist, die nicht nur mit Orthografie und Grammatik ihrer Muttersprache hadern, sondern nicht einmal die zugehörige Schrift erlernt haben oder sicher beherrschen.
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Über das eigentliche Thema des muttersprachlichen Unterrichts hinaus begrüße ich aber, wie die meisten meiner Vorredner, natürlich auch jedes zusätzliche fremdsprachliche Angebot an unseren Schulen und würde jedes Kind dazu ermutigen, entsprechende Angebote so früh wie möglich zu nutzen (und zu fordern).