Der Kapitalismus befriedigt also keine Bedürfnisse?Nennen wir es Bedarf, vielleicht wird die Frage dann klarer, denn hier handelt es sich um Bedürfnisse die über Kaufkraft verfügen.
Kannst du das bitte einmal näher darlegen, wie genau du das meinst?
Ja.
Du sprichst es völlig richtig an: Bedient wird nur die kaufkräftige Nachfrage. Kein Bedürfnis, auch kein Bedarf. Produziert wird für den Markt, für nichts anderes. Ware hat sich in Geld umzusetzen, in mehr Geld als zu ihrer Produktion notwendig war. Die Bedürfnisse, die die produzierten Waren dann befriedigen, sind lediglich Bedingung des Tausches - man kauft sich eben nichts, was man nicht braucht, oder glaubt zu brauchen. Diese
Bedingung ist mit dem
Zweck dieser Produktionsweise aber nicht zu verwechseln.
Die Wirtschaftstheorie, gemäß der Bedürfnisbefriedigung das Ziel der kapitalistischen Produktion ist, scheitert eben daran, dass man dann eben doch zwischen Bedürfnis und kaufkräftiger Nachfrage unterschieden wird. Wie wird Nachfrage denn ermittelt? Indem man, wenn man Geld hat, eine Ware kauft. Wer kein Geld hat, hat demgemäß also auch keine Bedürfnisse?
Wenn der Satz heißt: Im Kapitalismus wird eine Nachfrage befriedigt, dann taugt der Satz nur zur Tautologie: Geld wird ausgegeben, um eine Ware zu erwerben. Dieser Kauf ist gleichzeitig Nachfrage - von Seiten des geldbesitzenden Käufers - und Angebot - von Seiten des Verkäufers. Jeder Kauf ist auch ein Verkauf. Aber dass in dieser Produktionsweise Bedürfnisse befriedigt werden, ist nirgends zu sehen, denn die kapitalistische Wirtschaftskrise ist eine
Überproduktionskrise, bei der die Verkäufer ihr mehr oder weniger nützliches Produkt nicht mehr als Ware verkaufen können, während unzählige Menschen, die ihnen diese Produkte gerne abnehmen würden, nicht über das Geld verfügen, um ihr Bedürfnis als Nachfrage anzumelden. Wenn eine Nachfrage nicht zahlt, dann zählt sie eben nicht als Bedürfnis.