Orestikon
Gast
Ich weiß nicht, was Du unter "Kapitalismus" verstehst, aber in der Marktwirtschaft hilft es mir, wenn meine Kunden reich sind, denn nur dann können sie meine Arbeit anständig bezahlen. Mit Bettlern kann man keine Geschäfte machen, das wußte schon Ludwig Erhardt.
Einem Bettler kannst du den Preis seiner Arbeit diktieren, er muss sie zu Marktpreisen annehmen. Er verfügt nicht über die Mittel zur Produktion außer über seine Arbeitskraft und wird dem Wert dieser Arbeitskraft gemäß bezahlt. Bei der Arbeit produziert er mehr Wert als seine Arbeitskraft Wert ist und der Überschuss nennt sich Mehrwert: Der Kapitalist verdient den in der Produktion geschaffenen und in der Zirkulation getauschten Mehrwert der Arbeit.
Du vermischst jetzt das somit beschriebene Ausbeutungsverhältnis in der Produktion mit dem Abhängigkeitsverhältnis in der Zirkulation: Wenn was gekauft werden soll, muss nicht nur ein Verkäufer da sein, sondern auch ein Käufer. Das sind zwei völlig verschiedene Baustellen, es geht an der Kritik vorbei.
Es ist vollkommen richtig, dass hierbei notwendigerweise ein Ungleichgewicht zwischen durch Geld (Lohn der Arbeiter und Gewinne der Kapitalisten) angemeldeter Nachfrage und durch Produktion bedientem Angebot entsteht und Kapitalisten irgendwann ihr ganzes Zeug nicht mehr absetzen können - eine Überproduktionskrise. Das kann man mit sozialstaatlichen Mittel aber auch nicht verhindern, wie man sieht.
Du verwechselst dabei auch noch das jeweilige Individualinteresse des Bourgeoise, des Kapitalisten, nämlich Gewinn, mit einem Allgemeininteresse als Citoyen. Der Staat ist nochmal ein neues Kapitel (hehe): Durch die Ideologie des über das bourgeoise Individualinteresse hinausgehenden Allgemeininteresse des Staates, der Heutzutage über die Legitimation der Nation, des Volkes, als demokratischer, diktatorischer oder faschistischer, bürgerlicher Nationalstaat in Erscheinung tritt, wird der Kapitalist ideell auf ein Interesse an seinen Kunden eingeschworen. Seine Kunden sind aber nicht identisch mit seinen Arbeitern. Außer man abstrahiert von der tatsächlichen ökonomischen Position von Proletariern und Kapitalisten im Produktionsverhältnis und erschafft sich das modernisierte ideelle Volk im Spätkapitalismus, die ökonomische Nation.
Man betrachtet den Kapitalisten dabei in erster Linie der Bereitstellung von Gebrauchswerten verpflichtet bzw. fordert diese Verpflichtung vom Kapital. In Wirklichkeit ist das Interesse des Kapitalisten aber der Wert als Tauschwert, für den der Gebrauchswert lediglich die materielle - ob als Gebrauchsgut oder Dienstleistung oder sonstwas nützliches - Voraussetzung ist, nicht aber Ziel der Produktion.
Du forderst vom Staat also die Versöhnung zwischen Gebrauchswert und Tauschwert und von Arbeiter und Kapitalist mit den Mitteln der Herrschaft. Diese sozialstaatliche Ideologie ist der ökonomische Schnittpunkt zwischen staatssozialistischem und radikaldemokratischem, das heißt heutzutage neofaschistischem, Gedankengut. Damit möchte ich sagen: So ziemlich demokratischer ideologischer Mainstream, bevor du dich aufregst , aber eben ohne jeden Beweiswert und jede theoretische oder emprisiche Basis - kapitalistische Wirtschaft funktioniert ganz einfach nicht so wie du dir das vorstellst, das ist nur dein utopisches Idealbild davon.
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