@ 1.: Das dumme ist halt, dass die Rechtslage zementiert wird. Gerade jetzt, wo ein Wandel auf diesem Gebiet immer wahrscheinlicher wird. Stell dir das so vor: Viele Deutsche sind gegen Atomkraft. Wie fair wäre es diesen Deutschen gegenüber wohl, wenn eine Regierung ein ZÜ unterzeichnen würde, in dem es verboten wird, die zivile Kernkraftnutzung zu verbieten? Exakt das geschieht durch ACTA, nur halt umgekehrt, es wird verboten, dass zumindest gewerbliche Urheberrechtsverletzungen erlaubt werden dürfen.
Und sollte sich eine entsprechende Mehrheit zu einem späteren Zeitpunkt finden die anderer Meinung ist, tritt sie halt aus dem ACTA-Abkommen wieder aus. Was meinst Du denn, was dann passiert? Da kommen dann nicht die internationalen ACTA-Soldaten und verhaften alle Deutschen. Wie ist das denn mit anderen multilateralen Verträgen? Was wäre denn, wenn Deutschland aus der NATO raus wollen würde oder den Atomwaffensperrvertrag nicht mehr berücksichtigen will? Dann kündigt man entsprechende Abkommen einfach auf. "Zementiert" wird da erst mal gar nichts.
@ 2.: 2013 wird der Bundestag neu gewählt. 2017 schon wieder. Und 2021 - alle Zahlen unter Vorbehalt - wird schon wieder ein neues Parlament gewählt. Woher kann der Bundestag 2012 wissen, wie die politische Meinung 2013 ist? Alleine schon dadurch, dass mit der FDP einer der größten ACTA-Befürworter abgewählt und mit der Piratenpartei der größte ACTA-Gegner mit Glück sogar zweistellige Ergebnisse einfahren wird ist die Mehrheitslage 2013 mehr als unsicher. Vor dem aktuellen politischen Hintergrund halte ich es für gefährlich, ein solches Abkommen zu ratifizieren. Wäre der Bundestag frisch gewählt worden und würde es nicht nach wechselnden Mehrheitsverhältnissen aussehen, wäre die Unterzeichnung weitaus weniger kritisch zu sehen.
Aber was, wenn 2044 die NPD die absolute Mehrheit hat und wir bis dahin einfach weiterhin den Hitler-Gruß unter strafen stellen würden? Du merkst schon, dass Deine Argumentationen etwas realitätsfern ist? Jede politische Entscheidung gibt natürlich nur den vermeintlichen Mehrheitswillen innerhalb dieser Legislaturperiode aus. Wie schnell selbst sowas kippen kann, hast Du gerade gut an der Laufzeitverlängerung für AKW nachvollziehen können. Wenn man Deine Denkweise konsequent zuende führt, dürfte man gar keine Politik machen und gar keine Gesetzesänderungen vornehmen, da ja irgendwann die Mehrheitsverhältnisse anders sein KÖNNTEN...absoluter Humbug in der Argumentation.
Du wusstest offensichtlich, was ich meinte. Was ist denn das Gegenteil?
Sicher, dass Du immer weißt, was Du meinst?
Dass das Treffen härterer Normen frei steht, ist irgendwie für mich ein Grund mehr, ACTA abzulehnen. Ist aber wichtig für meine Argumentation.
Es wäre wiederum ein untragbarer Eingriff in die staatliche Souveränität, würde es irgendwelche Abkommen geben, die die Straffreiheit irgendwelcher Dinge festschreibt.
Da steht halt nur, dass der Staat selber entscheiden darf, ob er das auch auf Privatleute oder Kleinkriminelle anwendet. Und eben vor dieser Entscheidungsfreiheit habe ich Angst.
s.o. Abgesehen davon ist das in Deutschland schon lange Gesetz - ACTA verschärft ja gar nichts.
Zumindest Berichte und Reportagen dienen zweifelsfrei der Vermittlung von Wissen und keinem anderen Zweck.
Grundsätzlich überlasse ich die Entscheidung auch den Künstlern selber. Bloß haben viele Künstler Probleme mit ihrem Studio. Wenn George Lucas gerne Star Wars ins Netz stellen würde, aber FOX dagegen wäre, wer würde hier wohl am längeren Hebel sitzen?
Das Urheberrecht ist kein Recht des Urhebers, sondern der Konzerne an den Werken des Urhebers.
Dann erklär' mir doch mal, warum ein George Lucas zum einen der reichste Mann Hollywoods ist, und zum anderen so böse seine Seele an die Produktionsgesellschaften verkauft hat? Wahrscheinlich, weil die eher die Kohle zur Produktion eines solchen Films hatten, als ein Mann alleine. Aber ich kann immer noch nicht erkennen, dass es dadurch dem armen George unglaublich schlecht gehen würde - ich habe ihn bisher auch noch gar nicht über sein hartes Los weinen gehört. Und solltest DU irgendwann mal irgend etwas relevantes verfassen, steht es DIR weiterhin frei, gar nicht erst an einen Vertrieb o.ä. heranzutreten. Du kannst auch gerne selbst einen Verlag gründen oder selbst den Vertrieb Deines Buches übernehmen, Du kannst auch jederzeit Deine selbstgefilmten Kunstwerke ins Internet stellen und für jedermann kostenlos auf youtube bereit stellen. Ich würde die Proteste gegen ACTA irgendwie ernst nehmen können, wenn da draußen Journalistenverbände und Kreative demonstrieren würden - aber irgendwie scheinen die DEINE Probleme mit ACTA gar nicht zu sehen...
"Reportagen und Dokumentationen" sind auch nicht zwingend "Wissen". Wenn jemand eine Reportage über "Wacken 2010" macht, ist das sicherlich nichts sonderlich Wissenswertes. Du wirfst da ein viel zu grobes Netz aus, etwas was Du ja zum Beispiele an ACTA echt gerne kritisierst. Ist eine SPIEGEL-Dokumentation über die RAF nun "Wissen" und ist es der thematisch identische Film "Baader-Meinhoff-Komplex" dann nicht mehr? Und wie willst Du eigentlich Reporter oder Dokumentarfilmer
1. ZWINGEN, ihr Material preiszugeben
2. BEZAHLEN, wenn sie es alles für Lau machen sollen
3. Dazu BEWEGEN, dann überhaupt noch Reportagen zu machen?
Zum Glück hab ich ja geschrieben, dass das BVerfG über das Gesetz bzw. über dessen Anwendung entscheiden muss und nicht über konkrete Fälle. Aber das passt dir ja wohl nicht ins Bild. Sachlich scheinst du nichts an meiner Aussage zu kritisieren können.
Wenn Du zwischen einem Gesetz und dessen Anwendung nicht unterscheiden kannst, wird es schon kritisch. Das BVerG entscheidet nämlich auch nicht, ob die Anwendung eines Gesetzes "richtig" ist, sondern lediglich über den Gesetzestext selbst. Sollte es feststellen, dass ein Gesetz an sich ok ist aber Lücken offenbart, die zum Beispiel an behördliche Willkür grenzen, so wird entsprechend eine Abänderung des Gesetzestextes mit einer konkreteren Formulierung verlangt. Abgesehen davon hast DU ja nun einmal behauptet, das BVerfG würde über die Anwendung im Einzelfall irgendwie entscheiden...oder gar Quoten verwenden.
Danke für deine Aufklärung. Aber seien wir mal ehrlich: Durch die vielen Einschränkungen, die in den letzten 25 Jahren hinzugefügt wurden, hat die Unverletzlichkeit der Wohnung sowieso keinen Bestand mehr.
In den letzten 40 Jahren hat niemand die Unverletzbarkeit meiner Wohnung irgendwie verletzt. Ich kann mich auch an keine "Einschränkungen" in den letzten 25 Jahren erinnern - hast Du da mal konkrete Details, wo durch Gesetzesänderungen systematisch die Bürgerrechte in den letzten 25 Jahren eingeschränkt worden sind? Witzigerweise empfinde ich es übrigens eher umgekehrt...
Nein, hab ich nie gesagt. Ein Richter - in der Praxis hoffentlich eine Kommission aus drei Richtern, daher mein Begriff - entscheidet über die einstweiligen Anordnungen. Über Urteile entscheiden immer noch ordentliche Gerichte, was anderes habe ich nie behauptet und wird wohl auch in den nächsten dreißig Jahren nie Gesetz werden.
Wieso denn eine "Kommission aus 3 Richtern"?
Stimmt. Regelmäßig ist der Antragsteller jedoch kein Gericht, sondern eine Behörde oder die Staatsanwaltschaft.
Noch viel regelmäßiger sind die Antragsteller irgendwelche Rechtsanwälte. Du hättest einfach nach dem "Stimmt" aufhören sollen.
Einfach weil Gerichte nur ein minimales Interessen an vielen dieser Verfügungen haben, das größere Interesse haben meist Behörden. Schönes Beispiel hierfür ist die Quellen-TKÜ. Gerichte haben fast kein Interesse daran, weil gerichtliche Verwertbarkeit der Ergebnisse sowieso umstritten ist. Behörden haben jedoch - zumindest dem Grunde nach - ein Interesse daran, damit rechtzeitig z. B. eine Wohnungsdurchsuchung o. ä. vor Gericht beantragt werden kann.
Ich habe wieder einmal den Eindruck, dass Du nicht weißt, wovon Du eigentlich sprichst. Die "Quellen-TKÜ" stellt grundsätzlich erst einmal nichts anderes als eine Telefonüberwachung dar. Beides wird im Regelfall seitens eines Gerichts angeordnet - und da es sich um eine Maßnahme der StrafVERFOLGUNG handelt, logischerweise üblicherweise von den StrafVERFOLGUNGSBEHÖRDEN beantragt. Das unterscheidet die Quellen-TKÜ in keiner Weise von irgendeiner anderen Strafverfolgungsmaßnahme - von wem sollte sie auch sonst beantragt werden, wenn nicht durch die Strafverfolgungsbehörden? Die Frage, ob ein "Gericht" ein "Interesse" hat und deswegen nicht oder doch selbst tätig wird, ist schon wieder Schwachsinn. Welches "Interesse" hätte denn ein Gericht an der Durchsuchung eines vermeintlichen Gammelfleischproduzenten? Strafverfolgungsmaßnahmen dienen halt immer der Sicherstellung von Beweismaterial.
Die "Quellen-TKÜ" ist nun nichts anderes als der etwas hilflose Versuch des Gesetzgebers, technischen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Wenn das Abhören von Telefonaten im Rahmen der Strafverfolgung seitens eines Gerichts genehmigt werden kann, dann muss es auch eine Möglichkeit geben, dies bei IP-Telefonie zu tun. Die Frage der Verhältnismäßigkeit und die Frage der technischen Umsetzung sind Fragestellungen, mit denen man sich als Richter die ganze Zeit auseinander setzen muss - da stellt die Quellen-TKÜ keine Besonderheit dar.
Diese Verwaltungsanweisungen gibt es jedoch nicht nur in der Finanzverwaltung, sondern über Verwaltungsanweisungen werden auch große Teile der Polizeiarbeit, des Verfassungsschutzes, der Bundespolizei, des Grenzschutzes, des Militärs ect. geregelt.
Sollten Deiner Meinung nach all diese Details, die Verwaltungsanweisungen, Bestandteil der Gesetze sein, die dann vom Bundestag verabschiedet werden müssten? Verwaltungsanweisungen sind doch nichts anderes, als das Herunterbrechen des Gesetzestextes in die behördlichen Verfahren. Wenn also ein Gesetz vorsieht, dass jedem Deutschen eine Grundversorgung von 364 Euro im Monat zur Verfügung gestellt werden muss, dann regeln die Verwaltungsanweisungen nichts anderes, als wie dieses Geld "an den Mann oder die Frau gebracht wird" - sie sind damit aber weder ein neues Gesetz noch irgendwie eine gesetzgebende Maßnahme, sondern lediglich die UMSETZUNG des Gesetzes.
Zumindest in der Steuergesetzgebung ist mein Buch für BMF-Schreiben - wie gesagt handelt es sich hierbei um Anweisungen des Bundesfinanzministeriums für die Finanzämter - deutlich dicker als mein Gesetzbuch. Und da die sog. Richtlinien auch zu den Verwaltungsanweisungen gehören, ist die Sammlung der Verwaltungsanweisungen insgesamt mehr als doppelt so dick wie die Gesetzessammlung.
Und diese Dicke soll ein Indiz für was sein? Nehmen wir mal ein ganz kurzes Gesetz als Beispiel - §21 BGB:
"Nicht wirtschaftlicher Verein
Ein Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister des zuständigen Amtsgerichts."
In diesem Gesetz steht keineswegs, was ein "wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb" ist, wie festgestellt werden soll, ob es sich um einen möglicherweise wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb handelt, wie die Eintragungen ins Vereinsregister des Amtsgerichts vorgenommen werden soll, WER diese Eintragung vornimmt, etc. Dieses Gesetz zieht also einen Rattenschwanz von Verwaltungsanweisungen an die entsprechenden Behörden nach sich, um all diese Dinge zu regeln. Das dürfte so ziemlich bei jedem Gesetz der Fall sein. Es ändert nur immer noch nichts am Inhalt des Gesetzes und keine der Regelungen die im Anschluss getroffen werden, ändert etwas an der gesetzlichen Vorgabe ODER hebelt das Gesetz selbst aus.
Ein Problem, was unschwer zu erahnen ist (so ist es nämlich mit vielen Gesetzen): Irgendjemand will etwas einführen, findet aber keine sinnvollen Argumente dafür. Also brüllt er einfach rum "vor 30 Jahren hat Deutschland mal einen Vertrag unterzeichnet, und der Vertrag zwingt uns eigentlich dazu, das so zu machen!!!111einself!" Da keine Lust hat, sich durch dreißig Jahre alte Verträge zu wälzen, nickt der Bundestag das Gesetz halt einfach so ab.
Kannst Du mal EINEN Fall nennen, in dem dies so gewesen wäre?
Ist es so schwer, in einen Vertrag reinzuschreiben "Auf Grundlage des ACTA-Abkommens darf kein Straftäter zum Tode verurteilt werden" und ähnliches?
Ja, es ist "so schwer". Deutschland zum Beispiel könnte einen Vertrag gar nicht ratifizieren, in dem Strafen festgelegt werden, die dem Deutschen Grundgesetz nicht entsprechen. Das dürfte auch bei anderen Ländern nicht anders sein. Wäre es also so, dass in Deutschland auf Raubkopien die Todesstrafe stünde - und es ist immer amüsant, welche absurden Vorstellungen man hier schon bearbeiten muss - würde ACTA dem Deutschen Recht ja explizit zuwider laufen und könnte deshalb wiederum nicht ratifiziert werden. Deswegen vermeidet man allgemein bei multilateralen Verträgen die definitive Bestimmung solcher Strafmaße, da diese nun einmal im Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Landes liegen - weshalb man die Benennung, oder halt den Ausschluss - bestimmter Strafmaße grundsätzlich vermeidet.
Ich fordere vielleicht auch nicht die Benennung, sondern das Verbot eben jener.
s.o. Abgesehen davon ist auch ein Verbot eine Benennung...
Dieser Meinung nach wäre dann auch das zwangsweise kriminalisieren von Urheberrechtsverletzungen ein Eingriff in die staatliche Souveränität. Ist es aber zweifelsohne nicht. Warum? Weil die Staaten das Abkommen freiwillig - u. a. als Ausdruck der staatlichen Souveränität - ratifizieren. Wenn im Vertrag konkrete Strafen stünden, und die Staaten das unterzeichnen, ist das ein genauso großer Eingriff in die Souveränität wie die Unterzeichnung des aktuellen Fassung.
s.o.